Neuer Seliger P. Giuseppe Girotti OP
Ein neuer Seliger aus dem KZ Dachau
(Beitrag vom 03.04.2013)
Am 27.03.2013 unterzeichnete Papst Franziskus das Seligsprechungsdekret mit der Anerkennung des Martyriums des Dominikaners P. Giuseppe Girotti.[1]
Ein Termin der Seligsprechung ist mir noch nicht bekannt.
Wer war der neue Selige?
Dominikanerpater Giuseppe Girotti, Dr. Theol, Professor
verhaftet am 28.08.1944 oder 29.08.1944 in Rom wegen Unterstützung von Juden[2]
gefangen in Turin, Bozen und ab 09.10.1944 im KZ Dachau
+ am 02.04.1945 im KZ Dachau[3]
Biografie:
Giuseppe Girotti wurde am 19.07.1905 in Alba im Piemont, Italien, in einer bescheidenen, aber angesehenen Familie geboren. Mit dreizehn Jahren begann sein Berufungsweg am kleinen Seminar der Dominikaner in Chieri. Nach er am 03.08.1930 in Chieri zum Priester geweiht, nachdem er in Turin sein Theologiestudium beendet hatte. Danach studierte er weiter an der Päpstlichen Universität Angelicum in Rom und an der Bibelschule in Jerusalem.
Er lehrte in Turin am theologischen Seminar Santa Maria delle Rose und an der Hochschule der Consolata Missionare, als Professor der Theologie, Exegese, Hebräisch und Latein[4]. Sein Fachgebiet war das Alte Testament, besonders das Buch der Weisheit und die Propheten. Er veröffentlichte 1937 einen 6-Bändigen Kommentar zum Alten Testament und arbeitete an anderen Kommentaren mit. Im Jahr 1942 veröffentlichte er ein Werk über den Propheten Jesaja. In dieser doppelbändigen Veröffentlichung zeigte sich deutlich die ganz Tiefe seines enormen Wissens. [5]Er erhielt sogar Auszeichnungen des Heiligen Stuhls.
Schon damals nannte er Mitmenschen des jüdischen Volkes, seine älteren Brüder[6], wie später der selige Papst Johannes Paul II .
Zusätzlich arbeitete er als Seelsorger für Alte und Kranke im Hospiz in der Nähe seines Klosters in Turin. Auch sammelte er Geld für die Armen. Er war voller Erbarmen und große Liebe für die Schwachen und Benachteiligten; er hatte ein gutes Herz und liebevolle Worte für die Leidenden.
Oft verspätete er sich und brachte im Kloster als Entschuldigung vor: „Alles, was ich tue, ist für einen guten Zweck“ und seine Augen leuchteten dabei vor Freude.[7]
Nach der deutschen Besatzung Norditaliens 1943, weitete P. Girotti sein Engagement auch auf verfolgten Juden aus. Er half auf vielfältige Weise, organisierte sichere Verstecke und half vielen mit gefälschten Ausweispapieren zur Flucht. P. Girotti pflegte auch guten Kontakt zu Partisanen. Er besuchte Gefangene oder verletzte Partisanen und setzte sich für ihre Freilassung ein.[9] Er vertraute bei seinen gefährlichen Aktivitäten ganz auf Jesus Christus und seinen Schutz und riskierte für sich persönlich und für sein Kloster viel.
Am 29. August 1944 wurde er wegen „Hochverrats und Unterstützung des Feindes“ verhaftet. Er war von einem Spion verraten worden. Weitere Stationen seiner Gefangenschaft waren: Turin, Mailand, San Vittore und Bozen-Gries.
Beim Abtransport nach Deutschland stieß ihn ein deutscher Bewacher, so dass er zu Boden stürzte. Angelo Dalmasso, ein Mitgefangener Geistlicher half ihm auf. P. Girotti bedankte sich bei diesem mit einem Lächeln, das er nie mehr vergaß.[10]
Schließlich wurde am er 09.10.1944 in das KZ Dachau gebracht und dort interniert. Als sich die neuen Gefangen zur Desinfektion vollständig entkleiden mussten, erinnerte P. Girotti traurig: “Wir sind auf der zehnten Station des Kreuzweges: Jesus wird seiner Kleider beraubt.”[11]
Zuerst kam er in einen Zugangsblock, schließlich in den Priesterblock Nr.26, wo rund 1000 Geistliche aus vielen Nationen gefangenen waren, zusammen beteten und in der Kapelle Eucharistie feierten. Tagsüber musste er körperlich sehr anstrengende Zwangsarbeit auf der Plantage des KZ Dachau leisten.
P. Girotti war großzügig und wegen seiner Offenheit sehr beliebt. Er hatte die Gabe trotz Schmerzen zu lächeln und auch große Demütigungen mit Demut, Geduld und Sanftmut zu ertragen. Seine Kraftquelle waren das Gebet und das Studium des Wortes Gottes.[12] Morgens und abends pflegte er das gemeinsame Gebet mit einem belgischen Jesuitenpater.[13]
Von den mitgefangenen Geistlichen wurde er geachtet und geehrt.
P. Girotti zögerte nicht bei Konflikten unter den Geistlichen beschwichtigend einzugreifen, z.B. bei der Essensverteilung.
Seine Liebe zur Wort Gottes drückte er auch in Predigten im Lager aus. Abends, nach der Arbeit, hielt er Vorträge für die mitgefangenen italienischen Geistlichen. Noch am 21.01.1945 hielt er eine beeindruckende Predigt in der Lagerkapelle.[14]
Zur Priesterweihe des seliggesprochenen Karl Leisner am 18.12.1944 verfasste P. Girotti ein langes Glückwunsch- Gedicht in lateinischer Sprache. [15] (Den Text dieses Gedichtes finden Sie hier)
In der Hölle des Lagers war seine Hilfsbereitschaft gegenüber den Mitgefangenen sehr groß, so berichtete Angelo Dalmasso[16], ein anderer Priester aus Italien, der mit Ihm zusammen litt. P. Girotti teilte seine wenige Nahrung mit Kameraden, die jünger und gesünder waren als er und für deren Überleben er sich so ein zu setzen versuchte. Er verschenkte sogar Brot und Käse, die er einmal von Leonhard Roth (deutscher Dominikaner und Mitgefangener im KZ Dachau) geschenkt bekommen hatte, an den jüngeren Angelo Damasso mit den Worten: ” Nehmen sie es, sie sind jünger als ich, sie brauchen es mehr.”[17]
Sein körperlicher Zustand verschlechterte sich Ende 1944 immer mehr. Der vom Hunger geschwächte Körper litt an Arthritis und einer Nierenentzündung. Ein Mithäftling besorgte ihm einen leichteren Arbeitsplatz. Doch es kamen große Schmerzen und eitrige Beine hinzu. P. Girotti musste er sich auf die Krankenstation des Lagers begeben, wo man zusätzlich Leberkrebs feststellte[18]. Im Krankenrevier wurde P. Giuseppe Girotti am Ostersonntag, den 01.04. 1945 durch eine Injektion mit einer Benzinspritze ermordet, er starb als Märtyrer.[19]
Sein Leichnam wurde in einem Massengrab[20] bestattet, vermutlich auf dem Leitenberg bei Dachau.
Die Predigt zu seinem Requiem in der Lagerkapelle am 03.04.1945 hielt der Mitgefangene P. Leonhard Roth. Er schilderte P. Girotti als „von allen geliebt für seine Demut und Bescheidenheit“. [21]
Andere Mitgefangene Geistliche erinnerten sich an seine Sanftmut, Geduld, Demut und Gelassenheit. Aber auch seine besondere Intelligenz und sein demütiges und gütiges Lächeln blieben in Erinnerung.[22]
Seine Heiligkeit war den Mithäftlingen damals schon klar vor Augen, ein Kamerad schrieb am Todesort auf das Brett über seiner Schlafstelle: „Hier schlief San Giuseppe Girotti.“ (übersetzt: der Heilige Giuseppe Girotti)[23]
Die israelische Gedenkstätte Yad Vashem verlieh ihm am 14.02.1995, im Jahr seines 50. Todestages, in Jerusalem den Ehrentitel: „Gerechter unter den Völkern“ für sein selbstloses Engagement für verfolgten Juden . Zu seinen Ehren wurde in Yad Vashem, in der Allee der Gerechten, ein Baum gepflanzt.
Der Seligsprechungsprozess wurde 1988 eröffnet und am 27. März 2013 beendet mit der Unterzeichnung des Dekretes der Seligsprechung Papst Franziskus.
[1] http://www.kathpress.at/site/nachrichten/database/53773.html
[2] So zu finden bei Weiler, Die Geistlichen in Dachau, S 255
[3] Weiler, Die Geistlichen in Dachau, S 255
[4] http://www.gedenkstaettenseelsorge.de/files/dokumente/texte/1-Schicksal_italienischer_Haeftlinge-EIN_KREUZWEG.pdf
[5] Antonio Borelli , http://www.santiebeati.it/dettaglio/91403
[6] Elena Ascoli op (von „Tuesday“ von Bologna, http://domenicanecrsd.wordpress.com/figure/santioggi/padre-giuseppe-girotti/
[7] Elena Ascoli op (von „Tuesday“ von Bologna, http://domenicanecrsd.wordpress.com/figure/santioggi/padre-giuseppe-girotti/
[9] Elena Ascoli op (von „Tuesday“ von Bologna, http://domenicanecrsd.wordpress.com/figure/santioggi/padre-giuseppe-girotti/
[10] http://gaetanovallini.blogspot.de/2013/03/riconosciuto-il-martirio-di-padre.html
[11] http://gaetanovallini.blogspot.de/2013/03/riconosciuto-il-martirio-di-padre.html
[12] Antonio Borelli , http://www.santiebeati.it/dettaglio/91403
[13] http://gaetanovallini.blogspot.de/2013/03/riconosciuto-il-martirio-di-padre.html
[14] http://www.gedenkstaettenseelsorge.de/files/dokumente/texte/1-Schicksal_italienischer_Haeftlinge-EIN_KREUZWEG.pdf
[15]http://www.karl-leisner.de/seligsprechung-von-pater-prof-dr-theol-giuseppe-girotti-op-steht-bevor-2/#more-2914; SEEGER, Hans-Karl , Gabriele Latzel, Karl Leisner, Priesterweihe und Primiz im KZ Dachau, Münster 2004
[16] http://gaetanovallini.blogspot.de/2013/03/riconosciuto-il-martirio-di-padre.html
[17] http://gaetanovallini.blogspot.de/2013/03/riconosciuto-il-martirio-di-padre.html
[18] http://www.gedenkstaettenseelsorge.de/files/dokumente/texte/1-Schicksal_italienischer_Haeftlinge-EIN_KREUZWEG.pdf
[19] Quelle: Wkipedia.org/wiki/Giuseppe_Girotti)
[20] http://gaetanovallini.blogspot.de/2013/03/riconosciuto-il-martirio-di-padre.html
[21] Elena Ascoli op (von „Tuesday“ von Bologna, http://domenicanecrsd.wordpress.com/figure/santioggi/padre-giuseppe-girotti/
[22] http://www.gedenkstaettenseelsorge.de/files/dokumente/texte/1-Schicksal_italienischer_Haeftlinge-EIN_KREUZWEG.pdf
[23] Wikipedia