Interview mit polnischer Gemeinde
Ein Interview der Zeitschrift der katholischen polnischen Gemeinde München mit Frau Monika Neudert, Sprecherin des Freundeskreises Selige aus dem KZ Dachau, ist auf polnisch nachzulesen. Link
Frau Irene Janitzek übersetzte für uns den Text:
Interview mit Monika Neudert über die seligen Märtyrer aus Dachau
Erschienen in der Zeitung der Polnischen Katholischen Mission München „Nasza Misja“ 1 (14), Ostern 2015
Übersetzung aus dem Polnischen von Irene Janitzek
München, 28.04.2015
„Im Grauen des Lagers haben sie Gott gefunden und ihn zu den anderen Häftlingen getragen“, betont Monika Neudert, Gründerin des Freundeskreises Selige aus dem KZ Dachau. Im Gespräch mit der Zeitschrift der polnischen Mission München „Nasza Misja“, („Unsere Mission“) sagte Frau Neudert: „Ich wünsche mir, dass immer mehr Pilger das KZ Dachau besuchen, hier sind die Gräb vieler christlicher Märtyrer, um hier zu beten und Gott zu finden. Schade, dass es im Gelände der Gedenkstätte des KZ Dachau keine Tafel gibt, die an die christlichen Märtyrer erinnert.“
„Nasza Misja“: Was hat sie dazu gebracht, dass sie sich um die Seligen kümmern, damit sie nicht vergessen werden; und die Erinnerung und Verehrung der seligen Märtyrer aus dem KZ Dachau verbreiten?
M. Neudert: Bevor wir uns vor 20 Jahren entschieden nach Dachau zu ziehen, setzte ich mich damit auseinander, ob wir am Ort des Konzentrationslagers wohnen wollen.
Mein Onkel war in den Jahren 1933-1935 im KZ Dachau inhaftiert. Ich wusste auch, dass im KZ Juden ermordet wurden, weil sie zum auserwählten Volk Gottes gehörten. Deshalb dachte ich, ist in Dachau Märtyrerboden, kein Grund sich zu schämen in Dachau zu wohnen. Als wir schon in Dachau wohnten, erfuhr ich, dass im KZ Dachau auch viele Geistliche gefangen waren. Das hat mich beeindruckt. Im Jahr 2002 hörte ich in einen Vortrag von Frau Eleonore Philipp, dass schon 50 Häftlinge aus dem KZ Dachau selig gesprochen worden waren, u.a. waren unter den 108 polnischen Märtyrern, die 1999 selig gesprochen worden waren, 45 aus dem KZ Dachau. Auch über Bischof Michal Kozal und Karl Leisner und P. Titus Brandsma sprach Frau Philipp. Diese Persönlichkeiten haben mich fasziniert und dazu angeregt, in Bibliotheken und im Internet nach Büchern über Geistliche aus dem KZ Dachau zu suchen. So begann alles.
„Nasza Misja“: wie ist der „Freundeskreis Selige aus dem KZ Dachau“ entstanden?
M. Neudert: Eine Gruppe Bekannte traf sich zu Abenden mit Vorträgen zu verschiedenen Themen. Jeder bereitete einen Abend zu einem Thema, das ihm besonders am Herzen lag vor. Ich entschloss mich über die seligen Märtyrer aus dem KZ Dachau zu sprechen, obwohl in dieser Runde nicht alle gläubig waren. Ich berichtete trotzdem, dass in Dachau die sterblichen Überreste der Häftlinge begraben sind und unter ihnen auch die Reliquien der Seligen. Das bedeutet für Christen eine Quelle spiritueller Kraft, die zu Gott führen kann. Seit Anfang der Kirche pilgerten Menschen zu den Gräbern der Märtyrern und fanden dort Hilfe. Um diesen Abend vorzubereiten las ich wieder viele Bücher über die Geistlichen aus dem KZ Dachau, die ich gesammelt hatte, um Zitate und richtige Daten verwenden zu können. Wie ich im Freundeskreis von dieser Vorbereitung erzählte, bekam ich Einladungen zu weiteren Vorträgen. Dabei kam es zu Begegnungen mit vielen Menschen, die sich ebenfalls für dieses Thema interessieren. Derzeit zählt unser Freundeskreis über 50 Mitglieder, aus Deutschland und darüber hinaus. Wir suchen Informationen über die Seligen aus dem KZ Dachau und organisieren z.B. Gottesdienste und Veranstaltungen zu runden Gedenktagen, so wie neulich zum 70. Todestag des seligen Stefan Wincenty Frelichowski.
„Nasza Misja“: Welchen der seligen Märtyrer aus dem KZ Dachau schätzen sie am meisten und warum?
M. Neudert: Alle seligen Märtyrer aus dem KZ Dachau liegen mir gleich am Herzen und ich bitte alle um ihre Fürsprache. Einige Beispiele fallen mir spontan ein: Die Persönlichkeit von Bischof Kozal fasziniert mich von Anfang an. Besonders mag ich auch Karl Leisner, sein Wahlspruch war: „Christus, meine Leidenschaft- ganz bin ich für Dich.“ Vor Jugendlichen spreche ich oft über Alojs Andritzki, einen begeisternden Jugendseelsorger, der immer strahlte. Mit seinen akrobatischen Fähigkeiten brachte er andere zum Lachen, auch im Lager. Auch Gerhard Hirschfelder mag ich sehr. Als im 3. Reich die katholische Jugendarbeit verboten war, organisierte er Jugendwallfahrten.
„Nasza Misja“: Was ist die wichtigste Botschaft für uns heute Lebende, die wir von den seligen Märtyrern empfangen können?
M. Neudert: Vor allem das Zeugnis des Glaubens. Der Glaube war auch möglich in der Hölle des KZ. Diese Männer hatten im Lager alles verloren, außer ihrem Glauben und ihrer Beziehung zu Gott. Ihm sind sie bis zum Ende treu geblieben. Trotz ihrer hoffnungslosen Situation gaben sie den Mitgefangenen Trost und Unterstützung. Sie blieben auch im KZ ihrer Berufung treu und arbeiteten heimlich als Seelsorger. Gerade in der grauenvollen Situation des KZ konnten sie Gott begegnen und ihn auch anderen bringen in den Sakramenten. Während meiner Vorträge erlebe ich, dass die Zeugnisse dieser Männer heute Menschen berühren, auch Nichtgläubige.
„Nasza Misja“: Was können wir tun, damit die seligen Märtyrer aus dem KZ Dachau besser geschätzt und bekannt werden?
M. Neudert: Ich wünsche mir, dass viele Menschen die Gedenkstätte des KZ Dachau besuchen um an den Gräbern der Märtyrer zu beten und Gott hier zu finden. Wir dürfen die Seligen um ihre Fürsprache bei Gott bitten. Es ist schade, dass es auf dem Gelände der Gedenkstätte keine Tafel gibt, die an die seligen Märtyrer erinnert und die Besucher informiert, dass hier Glaubenszeugen ermordet wurden. Es fehlen auch Biografien und Informationen über die einzelnen Seligen in deutscher Sprache. Oft werden diese Märtyrer in ihren Herkunftsländern verehrt. Aber hier in Dachau, wo sie getötet wurden und wo sich ihre Gräber befinden, sind sie unbekannt. Ich habe auch der Stadt Dachau vorgeschlagen Straßen unserer Stadt nach Seligen zu benennen. Vielleicht wäre es möglich auf der Homepage der polnischen Mission deutschsprachige Informationen über die polnischen seliggesprochenen Märtyrer zu veröffentlichen.
Vor allem hilft es über diese Männer zu sprechen und sie so bekannt zu machen, damit ihr kostbares Erbe uns heute erreichen kann und die Menschen angeregt werden ihre Fürsprache zu erbitten.
„Nasza Misja“: Am 29.04.2015 feiern wir den 70. Jahrestag der Befreiung des KZ Dachau. Welche Gedanken kommen ihnen bei dieser Gelegenheit?
M. Neudert: Ich erinnere mich an die Worte des seligen Karl Leisner: „ Endlich frei, endlich wieder ein Mensch.“ Die Geistlichen im KZ haben Gott ihr Leben und ihre Leiden aufgeopfert für die Befreiung vom Nationalsozialismus. Z.B. Bischof Kozal, er bot Gott das Opfer seines Lebens an für die Befreiung der Kirche und Polens. Diese Männer haben das Martyrium erlitten und bewusst angenommen, um uns, den nächsten Generationen, eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Ihr Wunsch war es, dass Gott siegen möge, nicht das grausame Regime des Nationalsozialismus. Wir sollten für ihr Gebet und aufgeopfertes Leiden sehr dankbar sein, ich glaube, dass sie bei Gott für uns Frieden und Freiheit erwirkt haben.
Ich denke, die heutige Welt hat dieses ihr Zeugnis noch nicht angenommen. Wir sollten erkennen, wohin sich unsere Welt entwickelt, wenn Gott fehlt. Wenn der Mensch, wie im Nationalsozialismus, seine Taten vor keinem Gott und Schöpfer verantworten muss, ist das Leben nichts mehr wert und der Mensch kommt soweit andere zu quälen und zu töten. Deswegen ist es wichtig, dass es keine Welt ohne Gott geben darf, wie es P. Hess, ein überlebender Benediktinerpater formulierte. Heute leben wir leider wieder in einer Welt, in der Gott am Rande steht und die Achtung vor dem Leben der anderen schwindet. Das ist sehr gefährlich.
130 Geburtstag des seligen Jan Nepomucem Chrzan
rechtzeitig zum 130. Geburtstag des seligen Jan Nepomucem Chrzan,
am 25.04.2015,
steht nun eine erweiterte Biografie zur Verfügung.
Seliger Jan Nepomucem Chrzan, (1885—1942)
Priester der Diözese Gniezno, Pfarrer, Dekan
geb: 25.04.1885 in Gostyczyn, Wielkopolskie (Polen)
verhaftet am 06.10.1941 in Zerków
KZ Dachau ab30.10.1941, Häftlingsnr.: 28 097[1]
+: 01.07. 1942 im KZ Dachau
Gedenktag: 01.07.
Biografie:
Jan Nepomucem Chrzan wurde 1985 in Gostyczyn, einem kleinen Dorf zwischen Poznań (Posen), Gniezno und Kalisz geboren. Sein Vater Bartlomiej war Schulleiter und Organist. Die Mutter Stanislawa stammte, wie ihr Ehemann, aus der Gegend Ostrow Wielkopolski.
Jan war das 3. von 7 Kindern. Er besuchte die Grundschule, die sein Vater leitete, später das Gymnasium. In dieser privaten Schule waren 50 % der Schüler Polen, die zweite Hälfte setzte sich aus Deutschen und Juden zusammen. Im Jahr 1906 schloss er die Schule mit dem Abitur ab.
Danach studierte er in Poznań Philosophie und anschließend in Gniezno Theologie. Nach Abschluss des Studiums Ende 1909 empfing er die Priesterweihe am 30.01.1910. Die Primiz feierte er in seinem Heimatdorf Gostyczyn.
Als Priester war er, zunächst als Kaplan, in verschiedenen Gemeinden eingesetzt bevor er in Bieganów Pfarrer wurde. Von seinen Vorgesetzen und den geistlichen Mitbrüdern war er sehr geschätzt. Immer war er bereit zu helfen, besonders, wenn er zu Sterbenden gerufen wurde.
Nach 6 Jahren wurde er zum Pfarrer in dem kleinen Dorf Zerków in der Pfarrei des Heiligen Bischof Stanislaw ernannt. Dort holte er die alten Eltern zu sich und versorgte sie bis zu ihrem Tod. (Vater + 1933, Mutter + 1937)
In Zerków war er nicht nur Pfarrer, sondern auch der Vorsitzende des Rates der Volksbank. Er wurde außerdem zum Dekan ernannt.
Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Polen im September 1939 wurde der Pfarrer schikaniert. Mehrmals wurde das Pfarrhaus überfallen und der Pfarrer geschlagen. Bald wurde die Kirche zu gesperrt. Ihm war nur erlaubt die Kirche sonntags zu betreten, um die heilige Messe unter Aufsicht der deutschen Behörden zu feiern. (Predigen und Beichte hören war nur noch auf Deutsch erlaubt.)
Trotzdem blieb Jan Nepomucem Chrzan in dieser schwierigen Zeit ein eifriger Seelsorger, er vernachlässigte die ihm vom Bischof anvertrauen Seelen nicht, bis zu seiner Verhaftung am 06.10.1941.
Zunächst wurde er in das berüchtigte Lager Fort VII in Poznań gebracht. Schon 3 Wochen später kam er im KZ Dachau an. Er erhielt die Häftlingsnummer 28097. In Dachau war er zusammen mit vielen anderen Geistlichen, auch aus Polen, im Priesterblock untergebracht.
Er überlebte ein halbes Jahr.
Die Erniedrigungen und unmenschliche Behandlung brachten ihn an den Rand der Erschöpfung. Nach einer Zeit des Nachdenkens und inneren Kampfes, entschied er sich das schwere Los als Gottes Willen anzunehmen.
Er litt unter der schweren Zwangsarbeit auf der Plantage, unter Hunger und Krankheiten.
Einer der Mitgefangenen, der spätere Prälat Dezydery Wróblewski bezeugte:
„Unter dem Einfluss der Gnade Gottes hat er sich so verändert, dass er alle Qualen in Hingabe an den Willen Gottes ertrug”.[2]
In seinem letzten Brief aus dem Lager schrieb er:
„Wir fügen uns freiwillig dem Willen Gottes”.[3]
Der selige Jan Nepomucem Chrzan starb am 01.07.1942 im KZ Dachau mit den Worten:
„Es lebe Christus der König! Gelobt sei Jesus Christus”.[4]
Sein Leib wurde im Lagerkrematorium verbrannt.
Zusammen mit anderen polnischen Märtyrern wurde er am 13.06.1999 von Papst Johannes Paul II in Warschau selig gesprochen.
Seliger Jan Nepomucem Chrzan bitte für uns !
Quellen:
www.swzygmunt.knc.pl/SAINTs/HTMs/0701blJANNEPOMUCENCHRZANmartyr01.htm
Anmerkungen:
[1] Daten nach WEILER, Eugen, Die Geist¬li¬chen in Dachau, Möd-ling 1971, S. 173
[2] nach SLIWKA, Eugeniusz (Red.), Märtyrer für den Glauben 1939-1945, S. 8
[3] Sliwka, a.a.O., S 8
[4] Sliwka, a.a.O., S 8
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Artikel PUR Magazin
Das Magazin PUR bringt in seiner aktuellen Ausgabe April 2015 einen beachtungswerten Artikel über die Geistlichen im KZ Dachau, anlässlich des 70. Jahrestages de r Befreiung des KZ Dachau.
Unter dem Titel „Zeugen der Hoffnung“ schreibt Dr. Stefan Meetschen über christliche Märtyrer des KZ Dachau. Mit Bild und einer kurzen Biografie stellt er die Seligen Georg Häfner, Karl Leisner, P. Titus Brandsma und P. Giuseppe Girotti vor.
Bericht vom Gottesdienst auf dem Leitenberg
Der selige P. Giuseppe Girotti, Märtyrer der Nächstenliebe und unser Vorbild
Bericht vom Gottesdienst auf dem Leitenberg
Dachau: Am 11.04.2015 trafen sich Gläubige auf dem Leitenberg bei Dachau, um in einer heiligen Messe an den seligen P. Giuseppe Girotti zu erinnern, der am 01.04.1945 im KZ Dachau den Märtyrertod starb und auf dem Friedhof auf dem Leitenberg beigesetzt wurde. Unter den Anwesenden befand sich auch der Dachauer Oberbürgermeister Florian Hartmann und der italienische Generalkonsul Filippo Scammacca del Murgo. Der polnische Dominikanerpater Matthias Zlonkiewicz, Pfarrer der Pfarrei St. Gertrud in München, feierte den Gottesdienst vor der italienischen Regina Pacis Kapelle bei herrlichem Frühlingswetter. Schon in der Einleitung betonte er das Anliegen der Versöhnung der Völker und des Gebetes um Frieden. Da Vertreter verschiedener Nationen anwesend waren, wie auch damals bei den gefangenen Geistlichen im KZ Dachau. Dadurch wurde die versöhnende Dimension des gemeinsamen, brüderlichen Gebetes deutlich.
In der Predigt erinnerte P. Matthias an den seligen P. Giuseppe Girotti, er stellte die Biografie des Bibelwissenschaftlers vor. Einige Gedanken aus der Predigt: Für P. Giuseppe Girotti war das Wort Gottes nicht nur Gegenstand der Forschung, sondern die Regel um sein Leben zu gestalten. P. Giuseppe wusste, man soll mehr auf Gott hören, als auf die Menschen. In der Zeit der Judenverfolgung in Italien entschied sich Girotti den Menschen nicht zu gehorchen, sondern der Stimme Gottes zu folgen, dem Gewissen. Deshalb half er verfolgten Juden. Dafür wurde er verhaftet und dafür musste er Gefangenschaft und Lager erdulden und zuletzt im KZ Dachau sein Leben geben. In der Haft war er nicht verbittert, vielmehr strahlte er etwas aus, seine Kameraden hielten ihn schon damals für einen Heiligen. Sind wir heute auch bereit zu Verzichten um zu helfen? Es geht um eine Flexibilität in der Liebe, die fähig macht zur Hingabe. Auch wir sind aufgefordert etwas zu schenken, Zeit, Bequemlichkeit,…
Zum Gottedienst waren Jugendliche gekommen, auch Ministranten gab es. In den frei formulierten Fürbitten wurde für Theologen und Bibelwissenschaftler, für verfolgte Christen, Kranke und Gottsuchende gebetet, aber auch für die Stadt Dachau und ihre Politiker.
Oberbürgermeister Hartmann bedankte sich nach dem Gottesdienst in einer kurzen Rede im Namen der Stadt Dachau und auch persönlich für den würdigen und nachdenklich machenden Gottesdienst. „Mit diesem Gottesdienst erinnern sie an den Menschen Giuseppe Girotti, der sein Leben riskierte und sterben musste, weil er anderen half. Ihm war es eine moralische Pflicht, sich Unrecht und Massenmord entgegenzustellen. Sein Mut ermahnt uns auch selber aktiv gegen Fremdenhass, Antisemitismus und Neonazismus einzutreten. Entwicklungen wie in Tröglitz und die Pegidabewegung erfordern den lauten und unmissverständlichen Widerspruch unserer gesamten demokratischen Gesellschaft. Wer solche Ereignisse und Entwicklungen relativiert, oder über sie hinwegsieht, hat aus der Geschichte und aus Biografien, wie der des P. Girotti nichts gelernt. Sehr geehrte Frau Neudert, liebe Organisatoren vom Freundeskreis Selige aus dem KZ Dachau, nochmals vielen Dank für diese Veranstaltung.“
Herr Generalkonsul Filippo Scammacca del Murgo ergriff ebenso das Wort: Zunächst dankte er Frau Neudert und P. Matthias für den Gottesdienst in Erinnerung an den seligen P. Girotti, seinen Landsmann. Als Vertreter Italiens in Bayern, erinnerte er an viele Christen, auch in Italien, die viel taten, um den Opfern des Nationalsozialismus zu helfen; Juden und anderen, die gegen den Nationalsozialismus gekämpft haben. Sie sind auch heute aktuell. „Wir möchten von P. Girotti und anderen lernen und wir wollen sie nicht vergessen. Wir wollen Licht finden in der Erinnerung an diese stolzen und besonders mutigen Menschen, die mutig ihr Leben riskierten. Sie haben uns auch nach so vielen Jahren etwas zu sagen. Vielen Dank.“
Mit einem einfachen Umtrunk und freundschaftlichen Gesprächen endete der Gottesdienst.
Ausstellung über P. Girotti
In der Pfarrei St. Gertrud in München Harthof findet in diesen Tagen eine Ausstellung über den Seligen P. Giuseppe Girotti, anlässlich seines 70. Todestages am 01.04.2015 statt.
Auf einer Schautafel können Kopien alter Fotos und Texte angesehen werden.
Bericht 70. Todestag Frelichowski
Ein mutiger Kaplan, unser Vorbild und Fürsprecher
Bericht vom Gottesdienst zum 70. Todestages des seligen Stefan Wincenty Frelichowski in Dachau
Fotos des Gottesdienstes unter
Am 23.02.2015, wurde in Dachau, in der Kapelle des Karmel Heilig Blut um 19.00 Uhr eine Heilige Messe zu Ehren des seligen Stefan Wincenty Frelichowski gefeiert. Genau vor 70 Jahren, am 23.02.1945, starb er im KZ Dachau an Typhus.
Die Kapelle war gut gefüllt, ca. 100 Gläubige waren gekommen, darunter 11 Geistliche.
Die Schwestern des Konvents feierten mit uns. Unter dem Vorsitz von Monsignore Dr. Franz Josef Baur zelebrierten 7 Geistliche aus Dachau und Umgebung, aber auch aus Polen. Zahlreiche Gläubige der polnischen Gemeinde München waren ebenso gekommen, wie Mitglieder des Freundeskreises Selige aus dem KZ Dachau, der den Gottesdienst angeregt und organisiert hatte.
Eine besondere Ehre war die Anwesenheit der polnische Generalkonsulin, Frau Justyna Lewanska.
Eine Gruppe polnischer Pfadfinder aus München, aber auch Vertreter der polnischen Pfadfinder aus der Gegend von Breslau waren mit Fahnen angereist um ihrem Patron zu ehren. Herr Ludwig Schmidinger, erzbischöflicher Beauftragte für Gedenkstättenseelsorge war ebenso zugegen wie einige Mitglieder des Beirates Märtyrer-Gedenken der Erzdiözese München und Freising.
Viele Gläubige aus Dachau und aus München waren ebenso gekommen.
Eine fröhliche und familiäre Atmosphäre war unter den Feiernden zu spüren. Der selige Stefan Wincenty Frelichowski hatte verschiedene Menschen, die sich gar nicht kannten, zusammengeführt und einander näher gebracht.
Zu Beginn stellte Monika Neudert, Sprecherin des Freundeskreises Selige aus dem KZ Dachau, den seligen Stefan Wincenty Frelichowski mit einer kurzen Biografie vor. Sein Bild stand mit Blumen geschmückt vor dem Altar.
Der fröhliche Junge Stefan Wincenty hatte sich nach dem frühen Tod seines Bruders für den Weg zum Priester entschieden, um Kinder und Jugendliche auf den Weg zu Gott zu begleiten. Nach der Besetzung Polens durch deutsche Truppen wurde er verhaftet und in verschiedenen Lagern inhaftiert. Dort engagierte er sich mit großem Eifer für die Seelsorge der Mitgefangenen, besonders Jugendliche und Kranke lagen ihm am Herzen. Im KZ Dachau gründete er sogar eine polnische Caritasorganisation, ein Priesterseminar und eine spirituelle Gemeinschaft für Geistliche.
Als Ende 1944 im KZ Dachau Typhus ausbrach, besuchte er heimlich und unter Lebensgefahr die Kranken um ihnen zu helfen und die Sterbesakramente zu reichen. Schließlich infizierte er sich selber mit Typhus und starb daran.
In der Predigt über seligen Stefan Wincenty Frelichowski führte Monsignore Baur aus, dass dieser wirklich selig zu nennen war, schon zu Lebzeiten.
Zusammen mit 2 deutschen Pfadfinderinnen aus Dachau, lasen polnische Pfadfinder die Fürbitten in Deutsch und in polnischer Sprache.
Das „Vater unser“ wurde in lateinischer Sprache gebetet um allen das Mitbeten zu ermöglichen, über alle Sprachbarrieren hinweg.
Nach dem Gottesdienst traf man sich im dunklen Kirchenvorhof zu einer bewegenden Lichtermeditaion.
Mit brennenden Kerzen in der Hand hörten die Gläubigen Zitate und Erzählungen aus dem Leben des Seligen. Es wurde von einem mutigen Kaplan berichtet, der in der Haft kein Risiko scheute um Kameraden zu helfen und sie zu retten.
Im KZ Sachsenhausen zögerte er nicht, zu seinem Priestersein zu stehen und Kameraden in Todesgefahr den Priesterlichen Segen zu spenden. Für diese mutige Tat wurde er unmenschlich geschlagen.
Im KZ Dachau meldete er sich freiwillig anstelle eines gesuchten Brotdiebes und rettete diesem das Leben und den ganzen Block vor lebensbedrohlichen Kollektivstrafen.
Zwischen den Texten wurde „Ubi Cartias“ gesungen.
Im letzten Zitat wurde aus einem Brief des seligen Stefan Wincenty Frelichowski aus dem KZ Dachau an seine Cousine vorgelesen, in dem er sie ermutigte mit Gottes Hilfe Gutes zu tun.
Zum Abschluss wurde ein polnisches Marienlied angestimmt, während die polnische Generalkonsulin zusammen mit einem Vertreter der Pfadfinder, stellvertretend für alle, in die Gedenkstätte gehen durften, um ein Blumengesteck am Denkmal für die polnischen Opfer, an der Rückseite der Todesangst-Christi-Kapelle, abzulegen.
Die polnischen Pfadfinder teilten am Ende für diesen Tag gedruckte Bildchen mit einem Foto von Stefan Wincenty Frelichowski aus, die gerne zur Erinnerung und zum Gebet mit nach Hause genommen wurden.
Erst danach setzte Regen ein, was aber die polnischen Pfadfinder nicht davon abhielt im Regen stehend ein Abschlusslied zu singen.
Mit großer Dankbarkeit schauen wir auf diesen Gottesdienst zurück, dankbar dass er möglich war, dankbar dass so viele Menschen gekommen sind, um ihre Verehrung des seligen Stefan Wincenty Frelichowski auszudrücken. Eine besondere Freude war die Teilnahme vieler polnisch stämmiger Gläubiger und ihre Mitarbeit bei der Organisation des Gottesdienstes. Der besondere Dank gilt Monsignore Dr. Baur, der gekommen war um diesen Gottesdienst mit uns zu feiern und den Schwestern der Karmel Dachau Heilig Blut für ihre Gastfreundschaft.
Monika Neudert
Fotos des Gottesdienstes vgl. Bildergalerie auf der Homepage der katholischen polnischen Gemeinde München Link
Presseberichte:
Bericht 70. Todestag P. Girotti
„Da berührten sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns…“
Dachau, am 01.04.2015 wurde in der Todes-Angst-Christi- Kapelle des 70. Todestages des seligen Pater Giuseppe Girotti gedacht. Während der Sturm Niklas um den Steinturm brauste, beteten die Gläubigen drinnen um den Frieden. Ein Abbild für die Situation in unserer Welt. Unter den Mitfeiernden waren ungewöhnlich viele Geistliche verschiedener Konfessionen und verschiedener Nationen, genau wie damals im KZ Dachau, wo über 1 000 Geistliche unter den Häftlingen waren und zusammen beteten und litten. Unter ihnen auch der italienische Dominikanerpater Girotti.
Zu Beginn wurde der Selige vorgestellt, das Gesagte wurde mit Fotos unterstrichen. 1905 in Alba in Piemont geboren, wuchs er in einfachen Verhältnissen auf. Nach der Schule entschied er sich für den Eintritt in den Orden der Dominikaner. Nach der Priesterweihe 1930 studierte er weiter, unter anderem an der Bibelschule in Jerusalem. Nach dem Abschluss der Studien lehrte er als Professor in Italien, sein Fachgebiet war die Exegese des Alten Testaments. Als ausgewiesener Fachmann schrieb er mehrere Kommentare über Bücher des Alten Testaments. Die Hilfe für Bedürftige waren dem gütigen Pater neben der wissenschaftlichen Arbeit sehr wichtig. Er half und verbrachte viel Zeit bei ihnen, sammelte auch Geld für Bedürftige. Da er dadurch wiederholt verspätet im Kloster ankam, sagte er mit vor Freude leuchtenden Augen: „Alles, was ich tue, ist für die Liebe.“ Diese Liebe galt auch den Mitgliedern des jüdischen Volkes, die im von deutschen Truppen besetzten Italien, verfolgt wurden. Er gewährte ihnen Zuflucht im Kloster, verschaffte gefälschte Papiere und half vielen zur Flucht und rettete sie so vor dem drohenden Tod in einem KZ. Ein Verrat bei diesem Engagement führte zur seiner Verhaftung und Internierung in verschiedenen Lagern, schließlich im KZ Dachau. Sein Leiden sah er im direkten Zusammenhang mit dem Kreuzweg Jesu. Bei der Entkleidung zu Beginn der Haft in Dachau sagte er: „Wir befinden uns auf der 10. Station des Kreuzweges: Jesus wird seiner Kleider beraubt.“ Im KZ fiel P. Girotti durch Güte, Hilfsbereitschaft und sein Lächeln auf. Seine Kraftquellen waren das Wort Gottes und das Gebet. Durch Hunger und Entbehrungen geschwächt musste er sich ins Krankenrevier begeben, wo zusätzlich auch Krebs diagnostiziert wurde. Am Ostersonntag, den 01.04.1945 wurde er in Block 9 des Reviers durch eine Giftspritze ermordet. Seine letzten Worte waren. „Komm Herr Jesus, Maranatha“. So wurde Pater Girotti in seinem Märtyrertod am Ostersonntag zum Glaubenszeugen (Märtyrer heißt wörtlich übersetzt Zeuge) der Auferstehung Christi, der lebt. Nach seinem Tod wurde er in einem Massengrab auf dem Leitenberg beigesetzt.
Schon 1995 wurde ihm von der Gedenkstätte Yad Vashem der Ehrentitel „ Gerechter unter den Völkern“ verliehen, anlässlich seines 50. Todestages. Am 26.04.2014 wurde P. Girotti selig gesprochen. An seinem 70. Todestag darf der gütige und selbstlos-hilfsbereite Selige an seinem Sterbeort nicht vergessen werden!
In der Predigt sprach Diakon Josef Enthofer über den Frieden. Das Gebet um Frieden war ein Grundgedanke des Gottesdienstes. Dies kam auch in den ausführlichen Fürbitten zum Ausdruck und wurde im Friedensgruß handgreiflich, der in sehr freundschaftlicher Atmosphäre ausgetauscht wurde.
Beim Singen des Liedes, „Wo Menschen sich vergessen“ , konnte man spüren, was damals in der internationalen Priestergemeinschaft möglich wurde: „wo Menschen sich verschenken….“ , erinnerte an das Geschenk seines Lebens, das Giuseppe Girotti vollzogen hat. „Wo Menschen sich verbünden, den Hass überwinden…“ das lebten die Geistlichen im KZ Dachau vor, indem sie bewusst den Feindes verziehen und andere dazu anhielten. Auch uns heute rufen sie dazu auf. „Da berühren sich Himmel und Erde, dass Frieden werde unter uns.“ Das geschah damals in den Gebeten und der Feier der heiligen Messe in der Kapelle des Priesterblocks und das war auch heute zu spüren beim Gottesdienst in der Todes-Angst-Christi-Kapelle zum 70.Todestag des seligen Pater Giuseppe Girotti.
Monika Neudert, 01.04.2015