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Gottesdienst zur Seligsprechung von P. Giuseppe Girotti, am Märtyrergrab in Dachau
Dachau, 01.05.2014
„Alles was ich tue, tue ich aus Liebe“, dieser Satz beschreibt die Person und das Leben des italienischen Dominikanerpaters Giuseppe Girotti.
Aus Anlass seiner Seligsprechung fanden sich am Samstag, den 26.04.2014, in Dachau bei strahlendem Sonnenschein, frühsommerlichen Temperaturen und Vogelgezwitscher ca. 80 Gläubige ein, um einen Gottesdienst in der Kapelle Regina Pacis, auf dem Leitenberg zu feiern.
Hier, auf dem KZ-Friedhof auf dem Leitenberg, wurde P. Girotti in einem Massengrab beigesetzt, nachdem er am Ostersonntag, den 01.04.1945 durch eine Giftspritze aus Glaubenshass ermordet worden war. So fand der Gottesdienst quasi am Grab des neuen Seligen statt.
Auch Papst Franziskus würdigte P. Giuseppe Girotti in seiner Ansprache bei der Mittwochsaudienz in Rom am 23.04.2014. Girotti sei aus Hass gegen den Glauben im nationalsozialistischen Lager Dachau getötet worden. Das „heroische christliche Zeugnis und das Martyrium“ des neuen Seligen sollten den Wunsch nach einer immer engeren Bindung an Jesus und das Evangelium fördern, so der Papst.
Zu Beginn erklärte P. Gabriele Parolin CS, Leiter der italienischen Mission München, den Teilnehmern, genau in diesem Moment beginne auch der Seligsprechungsgottesdienst in Alba,Italien, in derGeburtsstadt Girottis.
Die Italienische Katholische Gemeinde München gestaltete den Gottesdienst, der musikalisch umrahmt war mit frohen, italienischen Liedern einer Gruppe Jugendlicher der katholischen Aktion. Das ausgeteilte Liederheft ermöglichte auch deutschsprachigen Gottesdienstbesuchern mitzusingen. P. Gabriele Parolin und P. Dr. Paul Schäfersküpper OP, als Vertreter der Dominikaner in Bayern, zelebrierten die heilige Messe in italienischer und deutscher Sprache.
Am Ende des Gottesdienstes ergriff Pater Paul das Wort und sprach auf Deutsch über P. Girotti und stellte auch allgemein den Bezug zu den Opfern im KZ Dachau her.
Er würdigte den neuen Seligen, als einen Menschen, der sich für andere einsetzte und dafür die Konsequenzen trug, die ihn schließlich ins KZ Dachau brachten.
Pater Dr. Paul Schäfersküpper schloss mit dem Bibelwort „Liebt einander so wie ich Euch geliebt habe“. Dies hätte Girotti in besonderer Weise vorgelebt. Überliefert ist ja auch, dass P.Girotti, wenn er öfter mal zu spät kam, sich entschuldigte mit den Worten, „alles was ich tue ist für die Liebe“. Unter diesem Zitat sand der Gottesdienst in Dachau, wie auch die Seligsprechung selber in Alba.
Dachaus neuer Oberbürgermeister, Florian Hartmann, SPD, mit 27 Jahren der jüngste Oberbürgermeister Deutschlands, vertrat die Stadt Dachau und wurde freudig begrüßt. Frau Stadträtin Gertrud Schmidt-Podolsky, CSU, war ebenfalls anwesend.
Unter den zahlreich anwesenden Dachauer Bürgern befand sich auch eine Gruppe der Kolpingfamilie, die auch ihre Fahne mitgebracht hatte. „Es war eine sehr würdige Veranstaltung mit „mediterranem Flair“. Man fühlte sich fast auf eine römische Piazza versetzt. Eine Jugendmusikgruppe saß im Schneidersitz auf den Stufen. Gitarrenspiel und Gesang. Dazu bunte italienische Fahnen, ein paar Alpini mit ihren Federhüten, die schöne italienische Sprache und herrlichster Sonnenschein. Ich war froh, dass ich hingegangen bin.“, erzählte Walter Poganietz, Kolping Dachau.
An die Heilige Messe schloss sich eine kleine Feier zur „festa della liberation“ an, dem italienischen Gedenktag der Befreiung von der NS-Gewaltherrschaft, der am 25. April in Italien begangen wird. Der italienische Generalkonsul Filippo Scammacca del Murgo fand bewegende Worte des Dankes: „Es ist eine große Freude für mich, diesen Gottesdienst auf dem Leitenberg zu feiern.“ Er betonte die Bedeutung des ersten italienischen Seligen unter den vielen Seligen aus dem KZ Dachau, für die Stadt Dachau, den Ort des Gedenkens an so viele Opfer des Nationalsozialismus. Scammacca erinnerte an die christlichen Werte, für die Girotti starb. Diese Werte seien auch heute wichtig für Italien und Europa. P. Girotti habe durch seinen Einsatz für von den Nazis verfolgte Juden die Ehrung „Gerechter unter den Völkern bekommen“. Er stehe für den Traum eines freien, demokratischen Europas. Girotti ist ein Vorbild für den Frieden. Beeindruckend erwähnte er auch die letzten Worte des Seligen vor seinem Tod: „Maranatha. Komm Herr Jesus!“
Der italienische Generalkonsul freute sich über die unerwartet starke Beteiligung der deutschen Bevölkerung Dachaus an diesem Gottesdienst, das gemeinsame Feiern von Deutschen und Italien sei ein erfreuliches Zeichen des gemeinsamen Europas. Das entgegen aller Wettervorhersagen unerwartet sehr schöne Wetter sei für ihn eine Überraschung, ein Wunder.
Ausdrücklich bedankte sich Scammacca bei Frau Monika Neudert, einer einfachen Bürgerin aus Dachau, wie er betonte. Ohne ihren Hinweis auf die bevorstehende Seligsprechung wären „wir heute wahrscheinlich nicht hier zusammen gekommen.“
Nach dem Gottesdienst sah man in frohe Gesichter. Myriam, 10 Jahre strahlte: „Mir hat es sehr gut gefallen, auch wenn ich nicht alles verstanden habe.“
„Es war ein sehr schöner Gottesdienst bei bestem Wetter und toller Aussicht auf die umliegenden Wälder und Felder. Ein toller Ort!!“ berichtete Diakon Josef Enthofer aus Karlsfeld.
Girotti ist der 55. Häftling aus dem KZ Dachau, der als Märtyrer seliggesprochen wurde. Vor 70 Jahren war die Hölle dieses KZ auch ein Ort der Gegenwart Gottes und seiner Gnade. Unter den rund 2800 Geistlichen, die als politische Häftlinge um ihres Glaubens willen dort litten, waren viele Heilige.
Giuseppe Girotti wurde am19.07.1905 in Albaim Piemont, Italien geboren. Nach seiner Priesterweihe 1930 widmete er sich dem Studium des Altes Testamentes, 1932-1934 sogar in Jerusalem. Zurück in Italien, unterrichtete er als Professor und verfasste umfangreiche Kommentare über Bücher des Alten Testamentes, für die er sogar eine Auszeichnung des Vatikans erhielt. Diese Arbeit prägte sein Verhältnis zum jüdischen Volk, das er schon damals als „ältere Brüder“ bezeichnete. Er war jedoch nicht nur ein Bücherwurm. Sein Engagement galt ebenso den Bedürftigen der Stadt Turin. Nach der Besetzung Italiens 1943 durch die deutsche Wehrmacht nahm er den Auftrag Papst Pius XII. ernst und half zahlreichen Juden. Wegen dieser Hilfeleitungen wurde er am 29.04.1944 verraten und verhaftet. Nach Aufenthalt in verschiedenen Gefängnissen kam er ins KZ Dachau, wo er zusammen mit damals ca. 1000 Geistlichen im Priesterblick 26 inhaftiert wurde. Seinen Leidensweg sah er als direkte Kreuzesnachfolge.
Seine Entkleidung zu Haftbeginn kommentierte er: „Wir sind auf der zehnten Station des Kreuzweges; Jesus wird seiner Kleider beraubt.“ Die Kraft zum Leiden im Lager schöpfte er aus der Eucharistie, dem gemeinsamen Gebet mit anderen Geistlichen und dem Studium der Heiligen Schrift.
Seine außergewöhnliche Ausstrahlung beschrieben Mitgefangene mit Demut und Bescheidenheit, Sanftmut, Geduld, und Gelassenheit. Aber auch seine besondere Intelligenz und sein demütiges und gütiges Lächeln blieben in Erinnerung. Schwer erkrankt wurde er am Ostersonntag, 01.04.1945, im Krankenrevier durch eine Giftspritze ermordet. Seine letzten Worte waren: „Maranatha. Komm Herr Jesus!“
1995 wurde er in Jerusalem in das Verzeichnis der „Gerechten unter den Völkern“ aufgenommen.