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Suche nach Daten von KZ-Geistlichen

Dachau, 08.09.2019

Da uns immer wieder Anfragen  nach Daten von Geistlichen, die im KZ Dachau inhaftiert waren, erreichen, veröffentlichen wir hier einen Artikel von Klemens Hogen-Ostlender mit einigen Informationen über Datenbanken, die die Suche erleichtern können.

Umfangreiche Recherchemöglichkeiten bietet eine Internet-Datenbank [https://stevemorse.org/dachau/dachau.html] mit dem Namen „Searching Dachau Concentration Camp Records in One Step“ („Suche in Aufzeichnungen des KZ Dachau in einem Schritt“), die von zwei US-amerikanischen Genealogen betrieben wird. Stephen P. Morse hat das Konzept der Suche in einem Arbeitsschritt entwickelt, das er auch in zahlreichen anderen Datenbanken verwendet. Er war bis zu seiner Pensionierung  Software-Entwickler bei Intel. Peter Landé, der in Deutschland geboren wurde, arbeitete in seiner aktiven Zeit im Ausland für das US-Außenministerium und ist jetzt ehrenamtlicher Mitarbeiter des US-Holocaust Memorial Museums in  Washington, D.C. Er hat die Dachauer Daten überarbeitet, die ursprünglich von jüdischen Freiwilligen zum großen Teil aus der Kartei des Internationalen Suchdienstes des Roten Kreuzes und den in vielen Fällen schlecht lesbaren Dachauer Aufzeichnungen zusammengetragen wurden. Rund 160 000 der mindestens 200 000 Insassen des KZ Dachauer sind bisher in der Datenbank enthalten, die laufend ergänzt wird. Jeder Eintrag enthält, soweit damals in der Häftlingskartei eingetragen, folgende Angaben: Nachname, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsort, letzter Wohnort, Straße, Häftlingsnummer, Nationalität, Kategorie des Gefangenen, Ankunftsdatum im KZ Dachau, Schicksal. Die Häftlingskategorien sind durch Abkürzungen gekennzeichnet. „Sch“ steht zum Beispiel für Schutzhäftling, „Bifo“ für Bibelforscher oder Jehovas Zeuge, „P. Pf.“ für Polnischer Pfarrer, „Z“ für Zigeuner, „ZA“ für Zwangsarbeiter und „J“ für Jude. Morse und Landé wollen auch das Bewusstsein dafür schärfen, dass die Nationalsozialisten nicht nur Juden verfolgten, sondern dass die überwiegende Mehrheit der in Datenbanken von Opfern des Regimes andere Menschen waren,  die aus den verschiedensten Gründen verfolgt wurden.

Die Suchmaske ermöglicht komfortable Möglichkeiten der Datenabfrage. Man muss nicht den genauen Namen wissen. Es reicht eine ungefähre Schreibweise. Auch ein einzelnes anderes Kriterium ist geeignet,  um Treffer zu generieren, zum Beispiel der letzte Wohnort eines Häftlings vor der Verhaftung. Man bekommt zunächst eine Namensliste mit einigen wenigen zusätzlichen Daten angezeigt und findet dann weitere Angaben zur Person jeweils unter „details“ am Ende der Zeile.  Mit dem Wohnort „Dachau“ erhält man zum Beispiel Daten von 15 Männern aus dieser Stadt, die ins KZ verschleppt wurden. Die Eingabe des Einlieferungsdatums 29.04.1945 offenbart, dass noch am Morgen der Befreiung des Lagers durch amerikanische Truppen ein 58-jähriger deutscher „Schutzhäftling“ aus Straubing eingeliefert wurde, der demzufolge nur wenige Stunden im Lager war. Tags zuvor waren noch neun neue Insassen im KZ Dachau angekommen, zum Teil aus Buchenwald. Drei von ihnen starben an den Folgen vorheriger Haft binnen weniger Tage nach der Befreiung. Bereits am Tag der offiziellen Gründung des Konzentrationslagers, dem 22. März 1933, wurden laut Datenbank vier männliche Gefangene in Dachau eingeliefert, tags darauf zwei weitere. Bis 1939 waren alle wieder entlassen.

Die Suche nach Einlieferungstag lässt erkennen, dass mitunter hunderte neue Häftlinge ins Lager kamen, am 30. 10.1941 zum Beispiel 485. Unter ihnen waren auch zahlreiche Priester aus Polen, wie die Datenbank erkennen lässt. Stellvertretend für ihre Schicksale seien hier genannt: Der 1999 seliggesprochene Pfarrer und Gymnasialdirektor Ludwik Roch Gietyngier wurde nur einen Monat später nach schweren Foltern im KZ Dachau ermordet. Pfarrer Stanislaw Bednarkiewicz starb nur wenige Tage darauf, am 9. Dezember 1941, der Präfekt und Religionslehrer Antoni Berek am 2. Mai 1942,  Vikar Jan Krupczynski am 3. Juli desselben Jahres. Der mit Gietyngier verhaftete Pfarrer Stefan Galczynski wurde als arbeitsunfähig am 4. Mai 1942 auf einen „Invalidentransport“ geschickt und in der Gaskammer getötet. Mit ihm wurde Pfarrer  Feliks Balcerzak ermordet.  Zwei Tage später endete das irdische Leben von  Pfarrer Wawrzyniec Glogowski auf dieselbe Weise.  Pfarrer Jozef Krukowski und Vikar Kazimierz Krupczynski, starben am 18. Mai 1942 auf einem Invalidentransport. Administrator Wincenty Kruk, Vikar Marian Bogacki und Administrator Witalis Banasiewicz  überlebten das KZ und wurden von amerikanischen Truppen befreit.

Die Stichwortsuche nach Berufen ist in der Datenbank allerdings leider nicht möglich. Einen Überblick über alle Insassen des Dachauer Priesterblocks bietet aber das nur noch antiquarisch erhältliche 1158 Seiten starke Buch „Die Geistlichen in Dachau sowie in anderen Konzentrationslagern und in Gefängnissen – Nachlaß von Pfarrer Emil Thoma, erweitert und herausgegeben von Pfarrer E. Weiler“. Gemeinsam mit der Datenbank lassen sich die Leidenswege der Angehörigen einzelner Häftlingstransporte nach Dachau erkennen.

Fragen zu“ Informationen über Personen oder auch zu deren Fehlen können unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. an Peter Landé gesandt werden, der, falls verfügbar, andere Datenbanken durchsucht, um die dort enthaltenen Informationen zu ergänzen oder zu korrigieren.

Wer mit der genannten Datenbank noch keine Daten über den von ihm gesuchten Häftling finden konnte, für den lohnt auch eine Anfrage beim Archiv der Gedenkstätte des KZ Dachau:  Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.. Dort gibt es umfassendere Datenbanken und evtl. Informationen, die im Netzt sonst nicht zu finden sind.

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