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Dreifaltigkeitssonntag 1933 in München- katholischer Gesellenverein litt unter Nazis
Wenig bekannt sind leider die schrecklichen Vorgänge in München des Jahres 1933.
Schon damals zeigte sich der Hass der Anhänger der NS-Ideologie gegen katholische Gläubige und die katholische Kirche. Zum 11.06.1933 waren tausende Gesellten zum ersten deutschen Gesellentag der Kolpingsöhne nach München eingeladen. Schon im Jahr 1932, vor der Machtergreifung Hitlers war dies geplant. Das Motto war zeitgemäß gewählt: „Gott und Volk – Volk und Stand – Stand und Staat“.
Der Bericht ist den Aufzeichnungen des Augenzeugen Johannes Neuhäusler entnommen, Neuhäusler Johannes, Amboss und Hammer, München 1967, S. 26.
Am Dreifaltigkeitssonntag, den 11.06.1933 sollte der Haupttag mit einem großen Gottesdienst stattfinden. 24.000 Fahrkarten für Sonderzüge waren schon ausgegeben.
Da kam am Samstag vor Pfingsten (8 Tage vorher) Die Nachricht, dass das Treffen polizeilich verboten war. Samstags, das hatte System, weil am Samstag kein Verantwortlicher in den Münchner Behörden erreichbar war. Urheber des Verbotes war der Staatsminister des Inneren, Adolf Wagner. Er war erst am Pfingstdienstag zu sprechen für Johannes Neuhäusler, Mitglied des Münchner Domkapitels und zuständig für die Verbindung zum NS-Staat. Der Innenminister begründete seine Entscheidung: „Alles Mögliche zog er an den Haaren herbei, um zu zeigen, dass er „zur Sicherheit der öffentlichen Ordnung“ gezwungen sei, den Gesellentag zu verbieten bzw. ihn im äußersten Notfall nur zu gestatten, „wenn jegliches öffentliche Auftreten, jeder Aufmarsch in geschlossenen Gruppen vermieden und die Fahnen nur eingerollt getragen würden““. [1]
Darauf musste man sich einlassen, da die Gesellen schon im anreisen waren.
Zwei Tage später wurden den Ankommenden am Bahnhof Handzettel verteilt mit den neuen Bedingungen. Und der Bitte um äußerste Disziplin. Die Kolpingsöhne folgten den Bedingungen und verließen den Bahnhof wie Einzelreisende.
Am Donnerstag fand die Eröffnung des Treffens mit einem Gottesdienst im Liebfrauendom mit Kardinal Faulhaber statt. Beim Verlassen des Doms ging es los. Die aus dem Dom herausströmenden wurden von berittener Polizei auseinandergetrieben, „einzelnen Teilnehmern wurden Vereins- oder Festabzeichen abgerissen.“ Und obwohl die Gesellen jede Provokation unterließen, wurden sie tätlich angegriffen. Vor dem Kolpinghaus wurde ein Düsseldorfer Kolpingssohn blutig geschlagen. Die Polizei wurde gerufen, kam aber nicht. Dem Schweizer Kolpingpräses Dr. Teobali wurden auch Abzeichen abgerissen, statt ihn zu schützen, nahm die Polizei ihn mit auf die Polizeiwache. „Unzählige Übergriffe und Gewalttätigkeiten folgten. Die Kolpingsöhne waren recht- und schutzlos.“[2]
Die Veranstaltung ging weiter in der großen Halle des „Ausstellungsparks“, dort sprachen Oberbürgermeister Fiedler und der Reichskanzler v. Papen zu den Gesellen. Das zeigt, die Veranstaltung war sehr wohl willkommen und anerkannt. Während dieser Feier erreichte ein neues Verbot die Veranstalter: das orange Hemd der „Vereinstracht“ sollte mit sofortiger Wirkung nicht mehr getragen werden. Tausende der Teilnehmer hatten aber kein anderes Hemd dabei! Wie sollte dieses Verbot befolgt werden, wie sollten die Gesellen heimkommen? Man sammelte Wechselkleidung für diejenigen, die kein anderes Hemd und keine Jacke dabeihatten. Schon an den Toren der Halle standen SA-Männer und rissen den Gesellen die orangenen Hemden vom Leib.
„In der Stadt kam es zu einer wahren Menschenjagd. Übelste Beschimpfungen, wie „Schwarze Hunde“, „Schwarze Bande“, „Schwarze Schande“ Pfaffen“ usw. wechselten mit Handgreiflichkeiten und Schlägen ab.“[3]
Am Gesellenhaus in der Sonnenstraße wurde das gläserne „K“ für Kolping von SA-Männern demoliert und eine Hackenkreuzfahne gehisst. Nachts um 3 Uhr drang SA ins Haus ein und suchte in den Zimmern nach orangen Hemden. Die Polizei wurde wieder gerufen, sie tat aber nichts, sie hatte die Weisung sich zurückzuhalten und „national“ zu bleiben.
Neuhäusler: „Nie werde ich die enttäuschten und zerschlagenen Gesichter vergessen, die ich zu sehen bekam, und die Klagen und Anklagen, die ich zu hören bekam.“[4]
Am Dreifaltigkeitssonntag um 10 Uhr sollte auf dem Festplatz des Ausstellungsgeländes (Theresienwiese) ein Festgottesdienst stattfinden. Aber schon ab 9 Uhr waren 2.00 SA-Männer dort zu einer Protestaktion aufmarschiert. Aber auch in der Stadt marschierte SA auf.
„Staatsminister Wagner fuhr selbst hetzend durch die Straßen. – Das ließ ahnen, dass die „Sturmabteilung“ tatsächlich einen Sturm auf die wehrlosen Festteilnehmer vorhatte.“[5]
So war zu entscheiden ob der Gottesdienst abgesagt und zehntausende von Tagungsteilnehmern aus ganz Deutschland enttäuscht und verbittert heimgeschickt werden sollten. Aber es wollte keiner die Verantwortung übernehmen für neue Gewalt, „Störung und Beleidigung des Gottesdienstes, neue Beleidigungen und Verunglimpfungen der Gesellen, neue Schlägereien…“[6] Schließlich wurde der Abschlussgottesdienst abgesagt und von der Polizei verlangt, den Weg der Gesellen zum Bahnhof zu schützen und auch ihr Eigentum, wie die Kolpingfahnen. Das geschah natürlich nicht.
„Nach dem Protestmarsch der SA durch die Stadt begann aufs Neue die Menschenjagd in den Straßen. Teilnehmern, die aus irgendeinem Grund noch das orangefarbene Hemd trugen, zog man auf offener Straße aus und schlug mit Riemen und eisernen Schnallen auf sie ein. … Alles ein Zeichen dafür, dass man die katholische Jugend in ihren Organisationen treffen und zerschlagen wollte.“[7]
[1] Neuhäusler Johannes, Amboss und Hammer, München 1967, S. 26
[2] Neuhäusler Johannes, Amboss und Hammer, München 1967, S. 26
[3] Neuhäusler Johannes, Amboss und Hammer, München 1967, S. 27
[4] Neuhäusler Johannes, Amboss und Hammer, München 1967, S. 27
[5] Neuhäusler Johannes, Amboss und Hammer, München 1967, S. 28
[6] Neuhäusler Johannes, Amboss und Hammer, München 1967, S. 28
[7] Neuhäusler Johannes, Amboss und Hammer, München 1967, S. 29