Pfarrer Averesch

Foto: Pfarrer Josef Averesch, Foto mit freundlicher Genehmigung von Mahnmal Trier

Ein Märtyrer des Beichtgeheimnisses

Artikel von Klemens Hogen-Ostlender

Pfarrer Josef Averesch widerstand allen Drohungen der Gestapo

Pfarrer Josef Averesch hat sich im Verhör bei der Gestapo beharrlich geweigert, das Beichtgeheimnis zu brechen. Deswegen wurde er ins KZ Dachau  gebracht und litt dort unter dem Haftbedingungen dermaßen, dass er vier Jahre nachdem er kurz vor der Befreiung des Lagers entlassen wurde, an den Folgen „medizinischer“ Versuche starb. Averesch, am 1. April 1902 als erstes von neun Kindern der Eheleute Karl und Johanna Averesch im westfälischen Hörstel bei  Rheine geboren, trat am 14. August 1924  in  Luxemburg als Novize in den Redemptoristenorden ein. Er legte 15. August 1925 das ewige Gelübde ab, studierte Theologie und Philosophie und wurde am 27. April 1930 zum Priester geweiht. Der Pater war dann zunächst als Erzieher und Lehrer tätig und bereitete sich auf seinen Einsatz als Volksmissionar vor. In dieser Tätigkeit wirkte er schließlich  im Umfeld der Redemptoristenklöster Glanerbrück, Bochum, Trier, Rheine und Heiligenstadt.

Nach einer Gemeindemission  in Bischofferode im Eichsfeld vertrat er dort Anfang 1941 den Pfarrer. Am 26. Januar beichtete abends eine Frau aus dieser Pfarrei bei ihm. Averesch wurde deshalb später angezeigt; von wem, ist unklar. Die Gestapo verhörte ihn  und wollte ihn zum Verrat des Inhaltes dieses Beichtgespräches nötigen. Weshalb die Geheimpolizei daran interessiert war, ist ebenfalls fraglich, da der Redemptoristenpater weder unter den Drohungen der Gestapo noch nach seiner Befreiung aus dem KZ das Beichtgeheimnis gebrochen hat. Staatsanwaltliche Ermittlungen nach dem Krieg ließen allerdings  vermuten, dass es um eine Erbangelegenheit ging, bei der finanzielle Interessen von Nationalsozialisten im Spiel waren.

 

Die Verhöre hat Josef Averesch in dem 1971 erschienenen Buch „Die Geistlichen in Dachau“ geschildert. Der Aufforderung, zu verraten, was die Frau gebeichtet hatte, beantwortete er demnach so: „Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist das Beichtgeheimnis geschützt. Deshalb haben sie kein Recht zu dieser Frage“. Der Gestapomann drohte ihm „Ich werde Sie schon zum Reden bringen, verlassen Sie sich darauf. Verlassen Sie sich darauf, Wir haben die Mittel dazu“. Josef Averesch bekam die Willkür des nationalsozialistischen Systems unverhohlen zu hören: „Was kümmert uns von der Gestapo das Recht? Wir haben die Macht!“. Der Beamte fügte hinzu: „Vor dem NS-Staate  gibt es kein Beichtgeheimnis, Sie katholischer Priester! Wir werden mit Ihnen und allen von Ihrer Sorte schon Schlitten fahren“. Das Protokoll wurde schließlich an mehreren Stellen gefälscht, Avereschs Hinweis auf das Bürgerliche Gesetzbuch und Beichtgeheimnis gestrichen.

 

 Zunächst brachte man den verhafteten Priester ins Polizeigefängnis Erfurt. Am 11. Juli1941 kam er ins ins Konzentrationslager Buchenwald in ein Strafarbeitskommando in einem Steinbruch. Am 17. September 1941 wurde er dann in den Priesterblock im KZ Dachau verlegt. Ab August  1942 wurde Josef Averesch ein Jahr lang von SS-Ärzten unter der Leitung von  Prof. Dr.  Claus Schilling für Menschenversuche missbraucht. Der Chefarzt wurde nach dem Krieg wegen seiner Verbrechen zum Tode verurteilt und hingerichtet. Pater Averesch und zahlreiche andere Häftlinge wurden mit Malariabazillen geimpft, weil die SS ein Serum für in Afrika an Malaria erkrankte deutsche Soldaten entwickeln wollte.  Wohl nur, weil er sich heimlich Medikamente beschaffen konnte, die es für kranke Häftlinge offiziell nicht gab, überlebte Josef Averesch Dachau. Zwar wurde der Pfarrer am 28. März 1945, einen Monat vor der Befreiung des Lagers, entlassen, doch seine Gesundheit war stark geschwächt.  Er arbeitete zunächst als Pfarrvikar in  in Tondorf bei Landshut und pflegte dort sogar den erkrankten Pfarrer. Im August 1945 kehrte er in seine Heimat nach Hörstel zurück und erholte sich dort auf dem Bauernhof seiner Eltern.  Ab November 1945 nahm er schließlich seine Arbeit als Volksmissionar im Redemptoristenkloster Rheine wieder auf, musste sie wegen Schwäche- und Fieberanfällen aber immer wieder wochenlang unterbrechen.  

Im Dezember 1948 hielt er seine letzte Volksmission. Ein Arzt stellte bei ihm 1949 im Marienhospital Osnabrück ein schweres Leberleiden und weitere Schäden als bleibende Folge der Malariaversuche. Die körperlichen Abwehrkräfte des 47jährigen waren zudem dauerhaft geschwächt. .  Am 20. Juni 1949 starb Josef Averesch im Antoniuskrankenhaus seiner Heimatgemeinde. Er wurde auf dem Friedhof des Orts  beigesetzt. Der Bildstock auf seinem Grab trägt die Inschrift „Zeuge für Christus“.

 

Das Andenken an Pater Josef Averesch ist in seiner Heimat lebendig geblieben. Im Alten Rathaus in Rheine ist sein Name auf einem Gedenkmosaik neben den Namen anderer aus rassenideologischen und politischen Gründen verfolgter und und ermordeter Bürger verzeichnet. Die katholische Kirche nahm ihn 1999 als Glaubenszeugen in das Deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts auf. Nach ihm ist außerdem seit 2013 das Josef-Averesch-Haus  für Wohnen und Betreuung  für Menschen mit psychischer Erkrankung und/oder Abhängigkeitserkrankung des St. Antonius-Krankenhauses Hörstel benannt. Ein Gedenkstein des Künstlers Gunter Demnig erinnert außerdem in Trier an Josef Averesch.

Foto mit freundlicher Genehmigung von Mahnmal Trier