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5 neue Selige aus Frankreich

5 neue Selige aus Frankreich

Fünf neue Selige aus Dachau am 13. Dezember 2025

Artikel von Klemens Hogen-Ostlender

Der dritte Adventssonntag, der den Namen Gaudete trägt, ist in diesem Jahr am 14. Dezember. Die liturgische Bezeichnung bedeutet „Freut euch!“ Für unseren Verein wird es ein Tag von ganz besonderer Freude sein. Einen Tag zuvor werden Victor Dillard, Pierre de Porcaro, Henri Euzenat, René Boitier und Jean Bernier nämlich in der Kathedrale Notre Dame de Paris selig gesprochen. Sie alle waren Häftlinge im KZ Dachau. Noch in diesem Jahr wird es damit 62 ehemals Dachauer Selige geben. Einer von Ihnen, Titus Brandsma, zählt sogar schon zu den Heiligen der Kirche. Die französische Bischofskonferenz hatte  1988 das Seligsprechungsverfahren für zahlreiche junge Männer begonnen, die im Zweiten Weltkrieg  als Zwangsarbeiter nach Deutschland verschleppt  und dort aus Glaubenshass getötet wurden. Die meisten waren Laien, vor allem katholische Pfadfinder und Angehörige der Christlichen Arbeiterjugend.Sie betreuten ihre zur Arbeit gezwungenen Landsleute spirituell. Aber auch Priester gaben ihr Leben für die Seelsorge an den Zwangsarbeitern. 

Beim Zwangsarbeitsdienst mussten ab Anfang 1943 hunderttausende junger Franzosen in

Deutschland die Kriegswirtschaft in Fabriken, der Landwirtschaft, bei der Reichsbahn und anderswo unterstützen. Sie ersetzten zum Kriegsdienst eingezogene Männer. Berlin, Thüringen und das Rheinland waren die Regionen mit der größten Zahl von Zwangsarbeitern. Für sie erlaubten deutsche Behörden keinerlei religiöse Betreuung. Der Erzbischof von Paris, Kardinal Emmanuel Suhard, hatte als erster die Idee, für sie eine illegale Seelsorge einzurichten. Er forderte die französischen Bischöfe auf, zu diesem Zweck getarnte“ Priester als Freiwillige nach Deutschland zu schicken. 26 meldeten sich. Ihre Aufzeichnungen lassen erkennen, dass sie  von ihrem Glauben getragen wurden und ihr Leben bewusst aufs Spiel setzten. Das sind die künftigen neuen Dachauer Seligen:

 

Victor Dillard

Victor Dillard wird am 24. Dezember 1897 in Blois an der Loire geboren und 1931 zum Priester geweiht. 250 religiöse Bücher und Artikel stammen aus seiner Feder. Im Ersten Weltkrieg dienst er von 1916 bis 1919 als Unterleutnant, wird verwundet und nimmt nach Kriegsende an der französischen Besetzung deutscher Gebiete im Rheinland teil. 1939/1940 ist er Hauptmann der Artillerie und gerät in Gefangenschaft, kann aber fliehen. Im Herbst 1943 willigt er ein, als Untergrundseelsorger nach Deutschland zu gehen, um dort französische Zwangsarbeiter zu betreuen. Falsche Papiere weisem ihn zu diesem Zweck als Elektriker aus dem Departement Creuse im Zentrum des Landes und Vater von fünf Kindern aus. Als „freiwilliger“ Arbeiter komm er Anfang Oktober 1943 in Wuppertal an und wird einer Fabrik zugewiesen, in der er tatsächlich als Elektriker tätig ist. Schon nach wenigen Tagen feiert Victor Dillard aber im Krankenhaus von Elberfeld heimlich eine Messe. Er entfaltet eine intensive apostolische Tätigkeit, besucht alle erreichbaren französischen Arbeiterlager,  schart rund 30 Helfer für Sonntagsmessen und Gesprächskreise um sich. Er wird am 22. April 1944  wegen „antideutscher politischer Umtriebe im Lager“ verhaftet und von der Gestapo verhört. Nach Aufenthalten in Gefängnissen in Wuppertal und in Barmen wird er am 28. November 1944 nach Dachau deportiert. Im Konzentrationslager stirbt er schon nach wenigen Wochen, am 12. Januar 1945, wegen der unmenschlichen Haftbedingungen an einer fortgeschrittenen Venenentzündung als letzlicher Ursache.

 

Pierre de Porcaro

Pierre de Porcaro wird am 10. August 1904 in Dinan in der Bretagne geboren und am 29. Juni 1929 in Versailles zum Priester geweiht. Sein Vater, ein Offizier, fiel 1916 im Ersten Weltkrieg. Der Neupriester wird von 1929 bis 1935 Lehrer und Kapellmeister am kleinen Seminar Notre-Dame de Grandchamp in der Diözese Versailles, dann 1935 bis 1943 Vikar im ebenfalls bei Paris gelegenen St. Germain en Laye.  Im August 1939 rückt er als Pionier-Unteroffizier ein und wird am 23. Juni 1940 in den Vogesen von der deutschen Armee gefangen genommen. In Deutschland kommt er ins Stalag IX B in Bad Orb in Hessen und kehrt am 4. August 1940  nach der Entlassung zurück nach St. Germain en Laye. Sein Bischof bittet ihn 1943, als  illegaler Seelsorger für Zwangsarbeiter nach Deutschland zu gehen. Porcaro  ist einverstanden reist am 13. Mai ab. Der ausgebildete  Lehrer für Französisch, Latein und Griechisch  ist nun in Dresden Hilfsarbeiter. Nach einem Arbeitsunfall bekommt er Urlaub in Frankreich, kehrt dann aber trotz des Risikos nach Dresden zurück. Ein Denunziant verrät ihn, und er wird am 20. Januar ins Konzentrationslager Dachau deportiert. Pierre de Porcaro erkrankt  dort an Typhus  und stirbt am 12. März 1945 im Krankenrevier des Lagers. Einem Gefährten sagt er kurz vor seinem Tod: „Ich biete mein Leben für Frankreich an, ich nehme das Opfer an, das der Herrgott mir schickt“. Am Rand der Todesurkunde werden 1947 die selben Worte wie 1916 für seinen Vater vermerkt: „Gestorben für Frankreich“.

 

Henri Euzenat

Henri Euzenat wird am 6. September 1920 in Blesme in Ostfrankreich geboren. Er tritt als  Kesselschmied bei der Staatsbahn im November 1940 der Christlichen Arbeiterjugend bei. Ein Gesetz der Vichyregierung sieht vor, qualifizierte Arbeitskräfte wie ihn nach Deutschland zu schicken. Am 13. Oktober des folgenden Jahres reist er mit 27 Kollegen  nach Karlsruhe, um in einer Fabrik für Nähmaschinen  zu arbeiten. Henri und andere junge Katholiken unterstützen nebenbei Landsleute, die als Zwangsarbeiter ins Land des Kriegsgegners kamen, mit praktischen und spirituellen Hilfsdiensten und Krankenbesuchen. Sie organisieren mit Hilfe deutscher Priester offiziell nicht zugelassene Messen in französischer Sprache und richten heimliche Studienzirkel bei Ordensschwestern ein. Sie nehmen sogar einen untergetauchten französischen Priester auf, der mit ihnen verbotene Messen feiert. Die Gruppe wird am 29. Januar 1944 von der Gestapo festgenommen. Ein eingeschleuster Spitzel hat sie verraten. Henri Euzenat wird zunächst im nahegelegenen Bruchsal inhaftiert und von dort am 4.  Juli ins Konzentrationslager Dachau gebracht. Am 17. August muss er weiter ins KZ Mauthausen in Österreich. Dort wird er gezwungen, in verschiedenen Kommandos bis zur völligen Erschöpfung arbeiten. Am 25. April 1945, zehn Tage vor der Befreiung des Lagers durch amerikanische Truppen, wird sein ausgezehrter Körper im Außenlager Gusen zum Krematorium gebracht. Kameraden sind sich später nicht einig, ob Henri Euzenat vor der Verbrennung schon tot war.

 

René Boitier

René Boitier wird am 8. März 1917 in Faremoutiers östlich von Paris geboren. 1933 ist er
Metzgergehilfe in der französischen Hauptstadt. 1939 zum Militärdienst eingezogen,  gerät er im Juni 1940 in deutsche Gefangenschaft. Er kommt ins Stalag VI F in Bocholt  im Münsterland und arbeitet in einer Schuhfabrik sowie auf Baustellen außerhalb der Stadt. Im Stalag VI G, in das er bald verlegt wird, lernt er den katholischen Pfadfinder Raymond Louveaux kennen und engagiert sich gemeinsam mit ihm bei verbotenen christlich motivierten Aktivitäten, darunter  Theateraufführungen,  Festen, katholischen Studienkreisen und der Organisation von heiligen Messen. All das reicht weit über die Stalags hinaus und richtet sich  an französische Zwangsarbeiter in Deutschland. Am 22. August 1944 wird René Boitier verhaftet und über ein Gestapo-Gefängnis ins Konzentrationslager Buchenwald deportiert. Im Außenlager Langensalza muss er in einer Rüstungsfabrik arbeiten. Am 7. April 1945 wird er im „Todeszug“ mit tausenden anderen ausgemergelten Häftlingen in Richtung KZ Dachau geschickt, weil sich amerikanische Truppen Buchenwald nähern. Nach mehr als zweiwöchiger Irrfahrt durch Böhmen und Bayern erreicht René Boitier durch unmenschliche Haftbedingungen todkrank am 28. April  Dachau. Er erlebt noch die Befreiung des Lagers durch die US-Armee einen Tag später, stirbt dort aber völlig entkräftet am 1. Mai.

 

Jean Bernier

Jean Bernier wird am 24. Juni 1920 in Haironville  bei Verdun  geboren. Der Landwirt meldet sich im September 1938 beim 6. marokkanischen Schützenregiment in Verdun, gerät nach Kriegsbeginn in der Normandie in deutsche Gefangenschaft und kommt ins Lager Stalag VI G in Bonn. Er arbeitet zunächst bei der Reichsbahn und wird später Krankenpfleger. Gleich nach seiner Ankunft hilft er einem Pfadfinder, eine katholische Gruppe zu leiten, die Theater spielt, Orchestermusik macht und als Chor bei der Sonntagsmesse singt. Die Möglichkeit,  zwischen seinem eigenen und den benachbarten Kommandos hin und her zu reisen, eröffnet ihm Möglichkeiten der weiteren illegalen Betätigung. Als ein ebenfalls im Stalag gefangener Priester das Lager nicht mehr verlassen kann, trägt er sogar geweihte Hostien zu den Menschen, die der Pater zuvor betreut hatte. Weil ein anderer an seiner Stelle unterschreibt und Briefe verschickt, gelingt es ihm, eine umfangreiche geheime Korrespondenz nach Frankreich zu schmuggeln. Am 6. August 1944 wird Jean Bernier verhaftet und zunächst in Köln, später im nahegelegenen Brauweiler eingekerkert. 

 

 

 

 

 

 

 

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