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Wirtschaftsbetriebe im KZ Dachau

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Häftlinge mussten unter menschenunwürdigen Bedingungen auch an Baumaßnahmen im KZ Dachau mitarbeiten, die ihrer Einkerkerung dienten.  Foto: Bundesarchiv, Bild 152-27-04A / CC-BY-SA 3.0

Der letzte „Julteller“ aus Allach-Porzellan Foto: CC BY-NC-SA@ Heimatmuseum Stadt Teltow mit pseudo-religiösem Text

für das Bild „Verkaufstelle“: Von der Plantage ist außer verfallenen Gewächshäusern nur diese Verkaufsstelle erhalten, die zur Stadtgärtnerei Dachau gehört. Foto: Monika Volz

 

Wirtschaftsbetriebe im KZ Dachau

Modellprojekt für  eine völlig neue soziale und ökonomische Ordnung

ein Artikel von Klemens Hogen-Ostlender

Das Konzentrationslager Dachau war ein Feldversuch zur Entwicklung eines Systems, das Menschen entwürdigte, quälte und tötete.  Aber Heinrich Himmler wollte es auch zum Übungsobjekt für einen Wirtschaftskonzern neuer Art machen. Selbstversorgung der „Schutzstaffel“ war das Ziel. Der „schwarze Orden“ hätte es sich leisten können, alles, was er benötigte, einfach zu kaufen. Die Versorgung fast aller seiner Einrichtungen wurde ebenso wie der Betrieb der Konzentrationslager aus dem Reichshaushalt bestritten. Aber in Vorbereitung auf den kommenden Krieg und auf eine Zeit vorübergehenden Mangels danach erwartete der „Reichsführer“ eine Verknappung von Rohstoffen und Waren. Die SS sollte autark werden und nicht um Zuteilungen wichtiger Güter kämpfen müssen. Himmler gab etwa für die Baupläne der SS die Devise aus „Selbstverständlich müssen wir so viele Betriebe erstellen, dass wir den Ziegelbedarf unseres Bauprogramms selbst decken“. Schon 1933 entstanden in Dachau erste Werkstätten, in denen KZ-Häftlinge arbeiten mussten, die zunächst vor allem für den Aufbau des Lagers selbst produzierten. Im selben Jahr existierten bereits Schreinerei, Schlosserei, Schneider- und Schusterwerkstätten, eine Bäckerei und eine Metzgerei.

Steuerfreie Betriebe

Anfängliche Lieferaufträge aus dem KZ an Dachauer Firmen wurden bald storniert.

Durch den Bau des lagereigenen Backhauses verloren zivile Bäckermeister zum Beispiel die lukrativen Lieferung von wöchentlich 500 Brotlaiben. Binnen sieben Jahren wuchs die Zahl der in den Betrieben arbeitenden Häftlinge. In der Schreinerei waren es 1940 nicht weniger als 370 Gefangene, in der Schlosserei 44, in der Schneiderei 140, in der Schusterwerkstatt 16 und in der Sattlerei zehn. Es waren Arbeiter, die keinen Lohn bekamen, also entstanden keine Lohnkosten. Die Betriebe machten in diesem Jahr einen Umsatz von 1,8 Millionen Reichsmark, zahlten aber weder Umsatz- noch Gewerbe- noch Lohnsummensteuer. Angaben über Gewinne sind nicht möglich, weil die Jahresabschlüsse darüber nichts aussagen. Offiziell wurde der Gesamtgewinn für das ganze Jahr auf nur 8.600 Reichsmark beziffert.

 Proteste ziviler Handwerker

In Dachau und Umgebung machte sich bei großer damals herrschender Arbeitslosigkeit Unmut über die unliebsame Konkurrenz bemerkbar. Im Herbst 1933 protestierte die Handwerkskammer Oberbayern gegen die „unerfreulichen Regiebetriebe“ - freilich ohne Erfolg. 1934 wurden die Werkstätten bereits erweitert und besser ausgestattet. Sie waren lukrativ auch wegen der günstigen Verpflegungskosten der Belegschaft. Auf 60 Pfennige Tagessatz für die Ernährung und zehn Pfennige für Amortisation der „Zebrakleidung“ bezifferte die SS ihre Kosten. Sobald Häftlinge nicht nur im Lager beschäftigt, sondern an Betriebe außerhalb „vermietet“ wurden, klingelte die Kassen umso besser. Für den Einsatz eines Gefangenen aus dem Dachauer Außenlager Allach im dortigen BMW-Werk bekam die „Schutzstaffel“ beispielsweise sechs Mark pro Tag für einen Fach- und vier Mark für einen Hilfsarbeiter. Bei 10.000 Mann Belegschaft kam da Tag für Tag ein „schöner“ Betrag zusammen durch Sklavenarbeit der Häftlinge.

3,38 Mark pro Quadratmeter

Schon die Standortwahl für das Lager hatte wirtschaftliche Gründe gehabt. Das riesige Gelände nahe Dachau hatte einschließlich der Nebeneinrichtungen etwas mehr als zwei Quadratkilometer Fläche. Heinrich Himmler hatte sich termingerecht ins Amt des Münchner Polizeipräsidenten manövriert, um über das Immobiliengeschäft entscheiden zu können. Das Gelände hatte in der Kaiserzeit eine Munitionsfabrik beherbergt, deren rüstungstaugliche Einrichtungen nach dem Ersten Weltkrieg wegen des Versailler Vertrags komplett entfernt werden mussten. Die NSDAP kaufte das Areal für 600.000 Reichsmark, nach heutiger Kaufkraft zwar gut drei Millionen Euro, aber für ganze 3,38 Mark pro Quadratmeter. Der SS-Chef erreichte 1934 obendrein, dass es seiner Organisation pachtfrei überlassen wurde. Auch als 1937 das Häftlingslager weichen musste, um neue Baracken mit größerem Fassungsvermögen zu errichten, ging das allein zu Lasten des Reichsetats.

Brautausstattungen aus dem KZ

Der Häftling Fritz Ecker schilderte die Handwerksbetriebe im Konzentrationslager Dachau nach seiner Entlassung 1934 unter dem Titel „Hölle in Dachau“. Der Text erschien im Buch „Konzentrationslager – Ein Appell an das Gewissen der Welt“, das in der Tschechoslowakei gedruckt wurde: „In Dachau hat man Handwerkstätten, die jeden Großbetrieb in den Schatten stellen. Von Gefangenen, die dafür miserablen Nahrung erhalten, werden Zivilanzüge, Uniformen, Knabenkleidung, Wildlederhosen, Kletterwesten, Breches-Hosen, neue Drillichanzüge in Massen gefertigt. In der Schreierei wurden allein während meines Lageraufenthaltes Tausende von Schränken für Militärkasernen hergestellt. Dazu Büroeinrichtungen, Wohnungsmöbel, sogar ganze Brautausstattungen. Monatelang wurde in der Schreinerei auch an Sonntagen gearbeitet. Monatelang dauerte die Arbeitszeit in zwei Schichten von 6 Uhr morgens bis 2 Uhr nachts“.

Die Plantage

Der wohl bekannteste Wirtschaftsbetrieb im KZ Dachau war die1937/38 errichtete Plantage. Sie geht auf die 1934 gegründete Reichsarbeitsgemeinschaft für Heilpflanzenkunde und Heilpflanzenbeschaffung zurück, die Deutschland durch Anbau von Heil- und Gewürzkräutern von Importen unabhängig machen wollte. Sie sollte Heilkunde jenseits der Schulmedizin bis hin zu volkstümlichen medizinischen Maßnahmen einerseits für das Gesundheitssystem nutzbar machen, andererseits so gesinnte Nutzer aber auch politisch für das Regime gewinnen. Die weitläufige Anlage wurde von einem im April 1938 eingelieferten Häftling entworfen. Es war der österreichische NS-Regimegegner und Botanik-Professor Emmerich Zederbauer. Dieser Fachmann gewann nach einem halben Jahr seine Freiheit wieder, war aber körperlich und seelisch gebrochen und überlebte das Ende des NS-Systems gerade einmal um fünf Jahre. Außer dem Anbau von Heilpflanzen wurde auf der Plantage die Aufzucht von Pflanzen zur Herstellung neuer einheimischer Gewürze wichtig. Dazu gehörte vor allem der so genannte „Deutsche Pfeffer“. Eine medizinische SS-Forschungsabteilung untersuchte außerdem die Einwirkung von Giften auf Wachstum und Fruchtergiebigkeit von Pflanzen. 1941 wurde das Gelände der Plantage für all das zu klein. Mehr als ein halber Quadratkilometer kam hinzu.

Kräutertinkturen gegen Verwundungen ?

Auf der Plantage wuchsen aber zum Beispiel auch Blumen, Beeren und Gemüse  heran, die die Bevölkerung der Umgebung in einer kleinen Verkaufsstelle im Lagerbereich kaufen konnte. Dort fand auch die junge Josefa Mack, Kandidatin bei den Armen Schulschwestern aus Freising, Kontakt zu einem Häftling aus dem Priesterblock. Das ermöglichte es ihr, Briefe aus dem Lager zu schmuggeln, die für die Priesterweihe Karl Leisners wichtig waren (siehe Bericht Eine Tarcisia unserer Tage – Josefa Macks Fahrten ins KZ Dachau 1944/45). Die Plantage war eine der größten Arbeitsstellen des Konzentrationslagers. Vor allem gefangene Geistliche mussten dort arbeiten. Die Arbeit war nach SS-Richtlinien angeblich „für alle alten und bedingt arbeitsfähigen“ Häftlinge geeignet, bei den Gefangenen jedoch gefürchtet wie keine andere. Der Münsterschwarzacher Benediktinerpater Franz Sales Heß, der von 1941 bis zur Befreiung durch die US-Armee Dachau-Häftling war, berichtete später darüber: „Weder Zugtiere noch Motoren wurden verwendet. Menschenhände mussten jahrelang den steinigen Boden bearbeiten. In Reihen zu 200 und 300 wurden die Häftlinge auf die großen Felder kommandiert. Mit Spaten ausgerüstet, gruben sie die schwarze, kiesdurchsetzte Erde um, getrieben von den SS-Leuten, getrieben durch Kapos und Aufseher. Kein Verschnaufen, kein Aufrichten wurde geduldet. ,Tempo, Tempo! Bewegung, Bewegung´. Und Schläge mit dem Prügel machten die Arbeit zur Sklavenarbeit“. Wegen der menschenverachtenden Methoden, mit denen die Häftlinge drangsaliert wurden, waren Führungen für Besucher durch die Plantage ab 1941 nur noch mit schriftlicher Genehmigung des Inspekteurs der Konzentrationslager, Oswald Pohl, oder Heinrich Himmlers persönlich erlaubt. Aus einem Forschungsprojekt Himmlers, die Behandlungen von Kriegsverletzungen von SS-Männern durch Kräutertinkturen, sind Erkenntnisse nicht überliefert.

Das Bekleidungswerk

Das1937/38 gegründete Bekleidungswerk im Konzentrationslager Dachau hatte den Zweck, Ausrüstung für Truppen der Waffen-SS und der  Wachmannschaften der Konzentrationslager anzufertigen. Auch das wurde aus dem Reichsetat bezahlt. Im Grunde handelte es sich dabei nur um eine Ausweitung der schon zuvor bestehenden Schneider- und Schuhmacherwerkstätten. In Dachau wurde erprobt, was später anderswo in größerem Umfang stattfinden sollte und auch stattfand.1940 wurde auch das Bekleidungsamt der SS im Lager angesiedelt, um möglichst viel Produktion und Instandsetzung zentral erledigen zu können. Die neu gegründete SS-eigene Gesellschaft für Textil- und Lederverwertung (Texled) hatte  später  einen Betrieb im KZ Ravensbrück, der seine Produktion Dachau zulieferte. Das Bekleidungswerk lagerte in Dachau Kleidungsstücke in riesigen Beständen und verteilte sie bei Bestellungen. Die Zustände in der Kleidungsproduktion empfanden die Ravensbrücker Häftlinge Alfredine Nenninger und Dagmar Hajkova als eine Art Hölle oder Irrenanstalt mit ständigem Lärm der Maschinen, stickiger Luft fast ohne Ventilation, immerzu brüllenden SS-Leute sowie Aufseherinnen und unbeschreiblichen Prügelszenen. Damit die weiblichen Häftlinge ihre Aufgaben erfüllen konnten, mussten sie jede Sekunde nutzen, ohne sich eine einzige unnötige Bewegung zu erlauben.  Das ungeschriebene Motto der Betriebe war auch in Dachau „Pensum, Pensum“. Ursprünglich wurde etwa an einem Taktband die Produktion von 120 Tarnjacken pro Zwölf-Stunden-Schicht verlangt.  Später sollten 220 Jacken hergestellt werden, obwohl die Schicht wegen Strommangels auf acht Stunden verkürzt war. Pro Stunde wurde also fast die dreifache Stückzahl verlangt, was unmöglich zu schaffen war.

Menschenschinder als Tierschützer

Im KZ Dachau wurden auch wie in vielen anderen Konzentrationslagern Angorakaninchen gezüchtet. Hier war eine der wichtigsten Stationen des Programms. Insgesamt gab es gegen Ende des Krieges in den Lagern reichsweit um die 30.000 Kaninchen. Wolle und Felle der Tiere, dienten als Futter für Uniformen vor allem der Luftwaffe. Dafür waren sie besser geeignet als andere Wärmespender. Die Kaninchenzucht war betriebswirtschaftlich für die SS ein Verlustgeschäft. Von 1941 bis 1943 lagen die Ausgaben bei insgesamt rund 887.000 Reichsmark, die Einnahmen dagegen bei lediglich 198.000 Reichsmark. Die Tiere lebten unter unvergleichlich besseren Bedingungen als die Häftlinge. Während die Menschen sich oft zu Tode hungerten, genossen die Kaninchen eine nach damaligen wissenschaftlichen Gesichtspunkten maßgeschneiderte erstklassige Ernährung. Die selben SS-Männer, die Gefangene auspeitschten, folterten und töteten, achteten darauf, dass die Kaninchen liebevoll umsorgt wurden. Das hielt den Gefangenen zugleich auf demütigende Weise vor Augen, wie wenig ihr Leben der SS wert war. Der amerikanische Historiker und NS-Forscher Harold Marcuse berichtete einmal, das hungernde Häftlinge im KZ Dachau, die eines der Kaninchen geschlachtet und gegessen hatten, hingerichtet wurden.

Allach-Porzellan für den nationalsozialistischen Menschen

Die SS enteignete 1939 die Porzellanmanufaktur Allach, die ursprünglich in dem gleichnamigen Münchner Stadtteil existierte, und übernahm sie. Dutzende Häftlinge mussten in unmittelbarer Nachbarschaft des Lagers in neuen Räumlichkeiten die Produktion weiterführen. Heinrich Himmler wollte damit etwas von kulturell hohem, bleibenden Wert schaffen, um die „Erziehung zum nationalsozialistischen Menschen“ zu fördern.  Im Programm gab es Figuren wie den Hitlerjungen mit einer Trommel und den SS-Offizier hoch zu Ross. „Julteller“ zum nationalsozialistisch umfunktionierten Weihnachtsfest waren „passende“ Geschenke für Anhänger des Regimes. Der letzte trug 1944 pseudoreligiös verbrämte Verse eines Gedichts von Christian Friedrich Hebbel: „Und von allen Sternen nieder, Strömt ein wunderbarer Segen, dass die müden Kräfte sich in neuer Frische regen und aus seinen Finsternissen tritt der Herr, so weit er kann, Und die Fäden, die zerrissen, knüpft er alle wieder an.“ Auf der Rückseite trug er eine Widmung von Oswald Pohl: „1944 Ihnen und Ihrer Sippe wünsche ich ein gesegnetes Julfest und ein gutes Neues Jahr Pohl SS-Obergruppenführer und General der Waffen SS".

Sturzkampfbomber fürs Schachbrett

Schachliebhaber  konnten mit ganz besonderen Allacher Figuren den nationalsozialistischen Menschen in sich vervollkommnen. Statt Läufern bewegten sie Sturzkampfbomber über das Brett, statt Pferden Kradmelder und statt Türmen Flakgeschütze aus Porzellan. Das Preisspektrum der zahlreichen Produkte begann bei 25 Pfennigen für einen kleinen Dackel und 2,10 Reichsmark für einen Deutschen Schäferhund. Für letzteren hätte ein Industriearbeiter damals immerhin schon fast einen halben Tag arbeiten müssen. Spitzenpreise lagen über 100 Reichsmark – mehr als ein Monatslohn für ihn. Die Julleuchter schenkte Heinrich Himmler in großen Mengen gern an SS-Leute. Mindestens einmal bekam jeder einzelne SS-Angehörige einen. Allerdings war der bei dieser Aktion aus Ton. Die Manufaktur Allach wurde nach dem Kriegsende wegen  ihrer ISS-Vergangenheit geschlossen. Mitten in Dachau gibt es aber auch heute noch  einen Laden, der erhalten gebliebenes Allach-Porzellan kauft und an Liebhaber verkauft – nicht nur Tafelgeschirr, sondern auch „politische Figuren“ wie den Offizier in Uniform mit Stahlhelm.

Die Reichslehrschmiede

Im KZ Dachau gab es auch einen weiteren Handwerksbetrieb, dessen Erzeugnisse als kulturell wertvoll betrachtet wurden: Die sogenannte Schwertschmiede. Sie stellte allerdings keine Schwerter her, sondern Dolche und Säbel, und zwar ausschließlich für Angehörige der SS. Heinrich Himmler schenkte sie gern Führern und Unterführern, die sich in seinen Augen Anerkennung und eine Auszeichnung verdient hatten. Manchmal ließ er auf den Waffen auch Inschriften eingravieren, zum Beispiel auf einem Degen für den damaligen Inspekteur der Konzentrationslager und SS-Gruppenführer zu dessen 47. Geburtstag kurz nach dem Überfall auf Polen diese: „Zur Erinnerung an die SS im Polen- Feldzug 1939/ Meinem lieben Theodor Eicke zum 17.10.1939“. Ende 1938 wurde die Werkstatt als „Reichslehrschmiede“ eingerichtet. Sie lag im SS-Übungslager, das offiziell nicht Teil des eigentlichen KZ war. Der Waffenschmied Paul Müller, der die alte Kunst der Herstellung von Damaszenerklingen noch beherrschte, leitete sie. Die Schmiede machte bis zum Schluss niemals Gewinn. Bis Ende 1939 zum Beispiel summierten sich die Kosten auf rund 22.700 Reichsmark. Dem standen Einnahmen von lediglich 3200 Reichsmark für 16 an Himmler gelieferte Waffen gegenüber. Außerdem hatten Müller und seine Gesellen SS-Ehrendegen und drei SS-Ehrendolche, auf deren Klinge das Motto „Meine Ehre heißt Treue“ eingraviert war. Himmler verpflichtete jeden SS-Mann dazu, den Dolch auch körperlich gegen jeden einzusetzen, der die „Ehre der SS“ oder die Ehre der Familie des Trägers beleidigte. Außerdem wurden 102 Klingen in Damast-Schmiedeweise sowie zahlreiche Scheiden und Griffe hergestellt. In den Folgejahren steigerte sich die Produktion. Der Erlös stieg 1940 auf 7200 Reichsmark, 1941 gar auf 16100. Von 1940 bis zum Kriegsende „erwirtschaftete“ die Reichslehrschmiede dennoch Jahr für Jahr einen Verlust von rund 30.000 Reichsmark.

SS und Kommune Hand in Hand

Wirtschaftliche Gründe waren auch nach der Entscheidung für Dachau ausschlaggebend für die Standortwahl von Konzentrationslagen. Zur Deckung des Materialbedarfs für Albert Speers Monumentalbauten wurden zum Beispiel die Deutschen Erd- und Steinwerke gegründet. Sie kauften Granitsteinbrüche in Flossenbürg, Mauthausen und Groß-Rosen, wo dann Konzentrationslager errichtet wurden. Speer persönlich regte nach dem Westfeldzug im Elsass die Errichtung des KZ Natzweiler, in unmittelbarer Nähe eines seltenen Vorkommens roten Granits, an.  Und die Entstehung des Konzentrationslagers Neuengamme bei Hamburg würde man heute wohl als Win-Win-Situation für die Beteiligten, in diesem Fall die SS und die Hansestadt, bezeichnen. In Neuengamme wurden in einem großen Ziegelwerk mit dazugehörigem KZ billig zahllose Ziegelsteine produziert, mit denen die Stadt sich ein zeitgemäßes Aussehen zulegen wollte. Die Kommune gab für den Bau des Lagers einen großzügigen Kredit, errichtete ein Hafenbecken am Werksgelände, machte die Dove Elbe schiffbar und band das Werk mit einer neuen Schienenstrecke an das Eisenbahnnetz an – alles auf eigene Kosten. Darüber hinaus gab die Stadt  hinaus noch einmal einen sechsstelligen Reichsmark-Betrag aus einem Sonderhaushalt dazu.

Selbstversorgung ?

Heinrich Himmlers Persönlichkeit hatte entscheidenden Einfluss auch auf alles, was in der SS geschah – auch auf ihre wirtschaftlichen Bestrebungen. Mag man den Erwerb von Unternehmen in Bereichen wie Holzverarbeitung und Treibstoffgewinnung noch sinnvoll für die Selbstversorgung ansehen, ist das für die Möbelproduktion schon zweifelhaft. Sie wurde nach den Worten des Leiters des SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes, Oswald Pohl, „deshalb durchgeführt, weil dem Reichsführer die Aufgabe gestellt ist, die Häftlinge in den Lagern wieder zu brauchbaren Menschen heranzuziehen“. Für den Kauf von Kinos und Zuckerfabriken wäre selbst Pohl eine Begründung wohl schwer gefallen. Der Selbstversorgung diente zunächst auch der Kauf einer kleinen Mineralwasserquelle im Sudetenland. Als die SS immer stärker in diesen Markt eindrang, bis sie ihn reichsweit zu 75 Prozent beherrschte, erklärte Pohl das so: Himmler wolle „als Chef der deutschen Polizei im Kampfe gegen den Missbrauch des Alkohols“ erreichen, dass Mineralwasser nicht teurer als Bier ist. Der Versuch seines Chefs, in Frankreich Vichy und Perrier aufzukaufen scheiterte aber. Ob Heinrich Himmler den Bierkonsum der deutschen Männer senken konnte, ist nicht überliefert. Seine SS- Kameraden erfanden aber zumindest einen neuen Namen für Mineralwasser: Heinrich-Himmler-Sekt.

Ausbeutung oder Vernichtung?

War es überhaupt sinnvoll, gewinnbringende Wirtschaftsbetriebe mit einer Belegschaft  halb verhungerter, misshandelter Häftlinge zu führen, die noch dazu gleichzeitig unter der zynischen Devise „Vernichtung durch Arbeit“ bewusst in den Tod getrieben wurden? Forscher sind zu dem Ergebnis gekommen, dass Oswald Pohl ab 1942 durchaus auf diesen Widerspruch reagierte und mehr Interesse an effizientem Einsatz der Häftlings-Arbeitskraft entwickelte. Er reagierte aus seiner Sicht logisch und gab der Ausbeutung bei Bedarf mehr Gewicht aus der Vernichtung. Eine Dienstanweisung an alle Schutzhaftlagerführer von 1942 enthält allerdings diese Warnung, nicht zu übertreiben:: „Aus der … zu rücksichtsvollen Behandlung des Häftlings erkennt dieser sofort ein gewisses Mitleid, das er zu seinen Gunsten ausnutzt. Dies in der Form, als er seelische und körperliche Gebrechen vortäuscht und seine Arbeitsleistung bewusst vermindert... Folge dieser unangebrachten Einstellung zum Häftling ist die Tatsache, dass eine höhere Häftlingszahl angefordert und eingesetzt wird, um die verminderte Arbeitsleistung der vorhandenen Häftlinge auszugleichen“. Himmler selbst dachte andererseits zur gleichen Zeit über „venünftige, notfalls zusätzliche Verpflegung und Bekleidung“ nach, um die Leistungsfähigkeit wenn nötig zu erhöhen.

Bilanz

Historikern, die das Systems der deutschen Konzentrationslager erforschen, gestehen auch ein Dreiviertel Jahrhundert nach dem Ende der Herrschaft des Nationalsozialismus ein, dass die Sinnhaftigkeit des damaligen Vorgehens weiter erforscht werden müsse. Angesichts des KZ Dachau und der anderen Lager, die nach dem dort erprobtem System funktionierten, formulierte ein Resümee: „Die Wirtschaft der SS war als Modell für eine veränderte soziale und ökonomische Ordnung gedacht, die zum Glück nie verwirklicht werden konnte. Denn die Methode, mit der sie erreicht werden sollte, bestand aus ungezügelter Ausbeutung angeblich minderwertiger Menschen, die den Wohlstand einer ,Herrenrasse´ ermöglichen sollte“.

Ökumene-Vigil am 14. September 2025

Ökumene-Vigil am 14. September 2025

Nachricht von Vatican News: Kommenden Sonntag (14.9.) feiert Papst Leo XIV. Geburtstag - und er ist am Abend bei einer Ökumene-Vigil zum Heiligen Jahr 2025, bei der an neue Märtyrer erinnert wird.

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Verein Selige Märtyrer von Dachau e. V.

 



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